01d - Schnapp,
der Einsiedlerkrebs, erzählt
Vor ungefähr 5
Jahren wurde ich geboren. Das heißt, ich krabbelte aus meinem Ei und konnte
gleich schwimmen. Winzig klein war ich noch, sah garnicht
aus wie ein Krebs, sondern eher wie ein Kügelchen mit kleinen Schwimmflossen.
Dazu zwei Ärmchen mit Zangen daran. Und hungrig war ich, mußte schnell etwas zu
futtern finden. Aber was?
Um mich herum
schwammen meine Geschwister. Auch hungrig wie ich. Und da sahen wir sie, direkt
vor uns: lauter kleine grüne Algen, lecker. Ran an das Frühstück und mampfen!
Wir wurden
größer und größer und auf einmal waren wir zu schwer geworden und sanken auf
den Meeresgrund hinab. Unsere Mutter hatte uns nach dem Schlüpfen gewarnt: „Ihr
seid Krebse und habt eine Rüstung. Aber nur am Vorderleib, hinten seid ihr
nicht geschützt. Passt auf uns sucht euch ein Schneckenhaus wie ich. Dann seid
ihr sicher.“
Leichter
gesagt als getan. Ich suchte und suchte, und schließlich fand ich das perfekte
Haus. Rasch hinein und sich mit den Festhaltebeinchen im Gehäuse verankern.
Ich sah mich
um, meine Geschwister waren in der Nähe und suchten auch Schneckenhäuser, die
meisten hatten schon ein passendes gefunden. Wir versammelten uns in einem
großen Kreis und unterhielten uns. Einige sangen Lieder: „Mein Schneckenhaus
ist meine Burg …“. Einige spielten Steinchen-werfen, andere spielte kriegen –
das geht natürlich nicht besonders schnell - und ich wartete ab und unterhielt
mich mit meinen Nachbarn.
Wir Einsiedlerkrebse sind nicht gern allein, wir leben lieber mit Freunden
zusammen.
In unseren
Häusern sind wir ziemlich sicher. Vor uns haben meistens Wellhornschnecken
darin gewohnt. Die bauen immer sehr stabil. Wenn Gefahr droht, ziehen wir
Einsiedlerkrebse uns schnell in die Röhre zurück und schliessen
den Eingang mit einer Schere ab. Es gibt bei uns Linksscheren und
Rechtsscheren. Die zweite ist ziemlich klein und hilft beim Kleinschneiden
unserer Nahrung.
Ich werde mir
demnächst noch eine Seeanemone suchen und auf mein Häuschen setzen. Mit ihren
Tentakeln kann sie Giftpfeile auf Feinde abschiessen,
das hilft mir dann auch. Sie bekommt dafür von meinen Mahlzeiten etwas ab.
Neben mir
kommt auf einmal eine Sandwurst aus dem Boden geschossen. Einen Augenblick
später steckt ein Wurm seinen Kopf heraus. Es sieht mich und sagt: „Hallo, ich
bin Eduard. Wer bist Du?“ Ich überlege mir einen Namen und sage: „Ich finde
Schnapp eigentlich ganz gut.“ „Der klingt gut, Schnapp!“ sagt Eduard. „Bis morgen!“
und verschwindet im Boden.
VAB 2017