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- Niss Puck
Manchmal, wenn es auf Amrum still war,
weil die Gäste alle zu Hause waren und die Amrumer gerade ihren Nachmittagstee
tranken, spazierte Niss Puck in das Watt hinaus. Er wollte sich den salzige
Wind um die Nase wehen lassen und bei Gelegenheit ein wenig mit den Bewohnern
plaudern. Er kannte sie alle, denn er war schon sehr alt. Wie alt wirklich,
wußte er selbst nicht mehr, aber schon sehr, sehr alt.
Nisse
sind uralte Wesen aus der Zeit vor dem Fernsehen. Sie leben im Norden, von den
friesischen Insel bis zum Nordpol, wo sie im Winter dem Weihnachtsmann bei den
Geschenken helfen. Da es zu der Zeit da oben pitschedunkel
ist, haben sie sonst nichts zu tun.
Diesmal
besuchte Niss Puck Eduard und Peter da draußen. Er schnippte mit den Fingern,
da klang eine Türglocke, sodaß die beiden neugierig aus ihren Türen blickten,
begrüßte sie freundlich und wünschte ihnen einen gesegnetes Neues Jahr. Dann
schnippte er noch einmal und setzte sich auf die Bank, die auf einmal
erschienen war. Nisse können nämlich zaubern, ein wenig jedenfalls.
Die
drei unterhielten sich über das vergangene Jahr und was sie sich für das neue
Jahr so wünschten.
Eduard
hätte gern eine kleine Schaufel und einen Besen, damit er den leckeren Schlamm
vor der Tür, den die Flut immer mitbrachte, besser zusammen kehren konnte.
Peter wünschte sich eine Tarnkappe, damit fremde Möwen ihn nicht sehen konnten.
Die sollte aber auch für Eduard reichen.
„Schnipp“,
machte Niss Puck und vor beiden lagen die gewünschten Dinge!
„Danke“,
riefen beide Wattwürmer, „das haben wir uns schon solange gewünscht!“
Nun
erzählte Niss Puck allerlei Geschichten. Zum Beispiel von seinem Haus in den Dünen,
wo er eine neue Tür eingebaut hat.
Und
dass er froh war, als die Arbeit für den Weihnachtsmann erstmal getan war. Es war
schon ziemlich anstrengend, zum Beispiel eine Million Dinosaurier in einzelne Kartons
einzupacken. Und von seinen Verwandten in Dänemark und Norwegen erzählte er,
die er zu Sylvester besucht hatte:
Niss Barne auf der Insel Römö,
Niss Jule in Oslo,
das ist in Norwegen,
Niss Paula und Niss Paul in Spitzbergen =>
und Tomte
Tummetott in Schweden.
Sie
trafen sich alle gleichzeitig, obwohl ihre Wohnungen soweit auseinander lagen
und konnten dabei doch zu Hause bleiben. Das können nur die Nisse, wir nicht.
Nein,
falsch, können wir Menschen doch, weil wir Computer und Handys haben. Da gibt
es Programme, mit denen wir uns sehen und dabei miteinander sprechen können,
obwohl wir gerade viele Kilometer auseinander sind. Nisse haben aber keine
Computer und Handys, weil sie diese Dinge nicht mögen und außerdem können sie
zaubern. Unsere Technik ist viel zu aufregend und hetzig,
meinen sie.
„Wo
wohnen die anderen Nisse denn“, fragte Peter.
„Das
ist verschieden. Am Nordpol wohnen sie in Schneehöhlen, den Iglus. In Norwegen
in Höhlen, da gibt es viele Berge. In Lappland haben sie Zelte und in Schweden
wohnen sie bei den Menschen, zum Beispiel oben in den Scheunen der Bauern. Hier
bei uns und in Dänemark wohnen wir in Erdhügeln, die Menschen vor tausenden von
Jahren einmal für ihre Gestorbenen gebaut haben. Mit Räumen drin und großen
Steinen obendrauf. In den Räumen wohnen wir.“
„Was habt ihr denn mit den Knochen
gemacht?“ will Eduard wissen.
„Ach,
die haben wir in Nebenkammern verstaut. Die tun uns nichts, nicht einmal, wenn
sie als Gespenst so um Mitternacht herumspuken. Da machen wir dann gerne mit.
So, ich muss langsam nach Hause. Einen schönen Abend wünsche ich euch.“
„Komm
bald wieder“, rufen beide Wattwürmer.
„Gern“,
rief Niss Puck, „bis später!“
Die
Bank verschwindet und Niss Puck ist plötzlich auch verschwunden.