12 - Niss Puck

Manchmal, wenn es auf Amrum still war, weil die Gäste alle zu Hause waren und die Amrumer gerade ihren Nachmittagstee tranken, spazierte Niss Puck in das Watt hinaus. Er wollte sich den salzige Wind um die Nase wehen lassen und bei Gelegenheit ein wenig mit den Bewohnern plaudern. Er kannte sie alle, denn er war schon sehr alt. Wie alt wirklich, wußte er selbst nicht mehr, aber schon sehr, sehr alt.

Nisse sind uralte Wesen aus der Zeit vor dem Fernsehen. Sie leben im Norden, von den friesischen Insel bis zum Nordpol, wo sie im Winter dem Weihnachtsmann bei den Geschenken helfen. Da es zu der Zeit da oben pitschedunkel ist, haben sie sonst nichts zu tun.

Diesmal besuchte Niss Puck Eduard und Peter da draußen. Er schnippte mit den Fingern, da klang eine Türglocke, sodaß die beiden neugierig aus ihren Türen blickten, begrüßte sie freundlich und wünschte ihnen einen gesegnetes Neues Jahr. Dann schnippte er noch einmal und setzte sich auf die Bank, die auf einmal erschienen war. Nisse können nämlich zaubern, ein wenig jedenfalls.

Die drei unterhielten sich über das vergangene Jahr und was sie sich für das neue Jahr so wünschten.

Eduard hätte gern eine kleine Schaufel und einen Besen, damit er den leckeren Schlamm vor der Tür, den die Flut immer mitbrachte, besser zusammen kehren konnte. Peter wünschte sich eine Tarnkappe, damit fremde Möwen ihn nicht sehen konnten. Die sollte aber auch für Eduard reichen.

„Schnipp“, machte Niss Puck und vor beiden lagen die gewünschten Dinge!

„Danke“, riefen beide Wattwürmer, „das haben wir uns schon solange gewünscht!“

Nun erzählte Niss Puck allerlei Geschichten. Zum Beispiel von seinem Haus in den Dünen, wo er eine neue Tür eingebaut hat.

Und dass er froh war, als die Arbeit für den Weihnachtsmann erstmal getan war. Es war schon ziemlich anstrengend, zum Beispiel eine Million Dinosaurier in einzelne Kartons einzupacken. Und von seinen Verwandten in Dänemark und Norwegen erzählte er, die er zu Sylvester besucht hatte:

Niss Barne auf der Insel Römö,

Niss Jule in Oslo, das ist in Norwegen,

Niss Paula und Niss Paul in Spitzbergen =>

und Tomte Tummetott in Schweden.

Sie trafen sich alle gleichzeitig, obwohl ihre Wohnungen soweit auseinander lagen und konnten dabei doch zu Hause bleiben. Das können nur die Nisse, wir nicht.

Nein, falsch, können wir Menschen doch, weil wir Computer und Handys haben. Da gibt es Programme, mit denen wir uns sehen und dabei miteinander sprechen können, obwohl wir gerade viele Kilometer auseinander sind. Nisse haben aber keine Computer und Handys, weil sie diese Dinge nicht mögen und außerdem können sie zaubern. Unsere Technik ist viel zu aufregend und hetzig, meinen sie.

„Wo wohnen die anderen Nisse denn“, fragte Peter.

„Das ist verschieden. Am Nordpol wohnen sie in Schneehöhlen, den Iglus. In Norwegen in Höhlen, da gibt es viele Berge. In Lappland haben sie Zelte und in Schweden wohnen sie bei den Menschen, zum Beispiel oben in den Scheunen der Bauern. Hier bei uns und in Dänemark wohnen wir in Erdhügeln, die Menschen vor tausenden von Jahren einmal für ihre Gestorbenen gebaut haben. Mit Räumen drin und großen Steinen obendrauf. In den Räumen wohnen wir.“

„Was habt ihr denn mit den Knochen gemacht?“ will Eduard wissen.

„Ach, die haben wir in Nebenkammern verstaut. Die tun uns nichts, nicht einmal, wenn sie als Gespenst so um Mitternacht herumspuken. Da machen wir dann gerne mit.
So, ich muss langsam nach Hause. Einen schönen Abend wünsche ich euch.“

„Komm bald wieder“, rufen beide Wattwürmer.

„Gern“, rief Niss Puck, „bis später!“

Die Bank verschwindet und Niss Puck ist plötzlich auch verschwunden.