15. Eduard und Peter zu Ostern

Im Winter ist es im Watt nicht besonders gemütlich. Es ist meistens kalt – das lieben Wattwürmer nicht besonders – und wenn Eis den Boden bedeckt, kann man nicht mal mehr vor die Tür bzw. das Eingangsloch der Wohnhöhle krabbeln.

Wenn dann aber die Frühlingssonne langsam den Schlick im Watt erwärmt und die Wassertemperatur in die Nähe von erträglich angestiegen ist, kommen die beiden öfter vor die Tür, sonnen sich und plauschen mit den Freunden.

Menschen kommen in diesen Tagen selten nach draußen ins Watt. So haben Tiere und Pflanzen ihre Ruhe. Irgendwie beginnen die Zweibeiner – Beine! was für eine Vorstellung für einen Wattwurm – aus Wohnungen und Häusern nach draußen zu drängen und überall auf der Insel herum zu trampeln.

Dabei häufen sie zum Beispiel lauter Treibholz zu Bergen am Ufer auf. An einem bestimmten Abend kommen sie zusammen, machen Lärm (sie sollen das wohl „Singen“ nennen) und zünden die Haufen an. Ein Gestank, Rauch und Hitze – kaum auszuhalten!

Emma, die Möwe, die ja überall herumkommt, hat erzählt, dass die Menschen den Aufruhr „Biekebrennen“ nennen. Wozu, weiß keiner. Die Herrschaften kann man sowieso nicht verstehen, nach Vernunft sieht ihr Verhalten gar nicht aus.

Später im Frühling beginnt erst die richtige Aufregung: die Menschen strömen von der Fähre auf die Insel. Emma weiß auch hier wieder Bescheid: das Osterfest kommt und muss gefeiert werden.

Emma hat Eduard und Peter mal in ihrem Reisekörbchen mitgenommen und ihnen gezeigt, was die Menschen zu Ostern so alles machen. Überall hängen zum Beispiel runde, bunte Gegenstände an den Bäumen und Sträuchern. Könnten Eier sein, aber bunt? Eier sind weiß oder höchstens getupft. So bunt finden Fuchs und Elstern die Eier doch viel leichter!

Durch Schaufenster hat Emma eigenartiges gesehen: die Auslagen waren voller Hasen, Eier und Vogelnester. Das musste etwas Ernstes sein, das mußte man beobachten.

Erstmal war aber der Frühjahrsputz dran. Eduard und Peter schafften all den Müll und den überflüssigen Kram aus ihren Wohnröhren. Was sich da alles angesammelt hatte!

Nun lag der Müll vor den Eingängen und sah nicht sehr schön aus. Was tun?

  Zufällig kamen gerade die Krabben Eins, Zwei und Drei durch das niedrige Wasser vorbeigeschwommen.

„Wir können euch helfen,“ riefen sie, „den Müll strudeln wir in den Priel da drüben.“

 Sie machten sich gleich an die Arbeit und nach kurzer Zeit war alles sauber und aufgeräumt. Außerdem hatten die Krabben etwas leckeren Schlamm mit ein paar Algen vor die Wohnungen geschafft.

Nach einem gemeinsamen Frühstück schwammen Eins, Zwei und Drei weiter.

Die Flut kam und wir können nicht weiter beobachten, was bei Eduard und Peter passierte, dazu war das Wasser zu trüb.

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Am Ostersonnabend, an einem besonders schönen, sonnigen Morgen bei Ebbe hörte Eduard ein seltsames Geräusch. Es klang wie Weinen oder Schniefen – er musste einfach nach draußen und sehen, was los war.

Neben seiner Wohnung saß ein unbekanntes Wesen und weinte.

„Warum weinst du denn,“ fragte er.

„Ich bin Kuschi, ein Osterhase vom Osterhasen­service und muss den Kindern auf Amrum Ostereier und Süßigkeiten bringen. Aber auf der Fähre von Dagebüll hat mich ein Mensch geschubst und mein Korb mit den Ostersachen ist ins Wasser gefallen. Was soll ich nun machen, ich kann nicht schwimmen! Wie sollen die Kinder auf Amrum nun ihre Ostergeschenke bekommen?“

Inzwischen war Peter neugierig dazu gekommen. „Wo ist das denn genau passiert,“ fragte er.

„Ungefähr bei Nieblum,“ sagte Kuschi.

„Wir müssen Emma rufen, die kann nachsehen, wo deine Sachen herumschwimmen,“ sagte Peter und rief, „Emma, wo bist du? Wir brauchen dich!“

Einen Moment später hörten sie eine Möwe kreischen und Emma landete neben ihnen auf dem Sand.

„Was gibt es denn so Wichtiges?“ fragte sie.

„Dieser Osterhase heißt Kuschi und hat seine Ostersachen bei Nieblum im Wasser verloren. Kannst du bitte nachsehen, wo sie abgeblieben sind?“ sagte Eduard.

Emma flog los und kam nach 5 Minuten wieder.

„Ich habe da etwas gesehen, nicht weit von hier treibt etwas in den Wellen. Der Korb sieht aber sehr groß aus, den kann ich nicht tragen.“

„Ich denke, wir sollten Bello, den Seehund, fragen. Der ist stark!“ sagte Schnapp, der inzwischen dazu gekommen war.

„Gute Idee,“ sagte Bello, der sich zufällig auf der nächsten Sandbank gesonnt hatte. Seehunde haben ein sehr gutes Gehör.  „Ich schwimme mal eben hin.“ Und weg war er.

Hast du nicht gesehen – war er wieder da. Er trug einen sehr großen Korb im Maul.

„Wie hast du den schweren Korb auf die Fähre geschleppt?“ wollte er wissen.

„Och,“ sagte Kuschi, „wir Osterhasen sind sehr stark.“

Die Freunde bestaunten den Inhalt des Korbes. Da gab es Schokoladeneier mit und ohne Füllung, solche mit Krokant, solche mit Schnaps und auch welche aus Schlick.

„Ich habe für Kinder, die ich letztes Jahr in Pinneberg getroffen habe, extra Pfannkuchen-Eier mit Nutella-Füllung gemacht. Vielleicht sind sie dieses Jahr hier. Sonst muss ich ganz nach Pinneberg laufen, um sie dort bei den Kindern im Garten zu verstecken.“ Kuschi sah etwas müde aus, „hoffentlich ist den Eiern nichts passiert!“

„Alles gut verpackt,“ sagt Schnapp, „nur hier und da mal etwas Packpapier eingerissen. Es ist kein Salzwasser an die Ostersachen gekommen.“

 „Bei den Rissen im Papier können wir helfen,“ riefen die Miesmuscheln im Chor, „wir machen doch Klebstoff, mit dem wir uns an den Steinen befestigen. Den könnt ihr nehmen.“

Das wurde so gemacht und alles war in Ordnung.

„Möchtet ihr vielleicht mal ein Ei probieren?“ fragte der Osterhase.

„Das Schlick-Ei vielleicht? Das sieht so lecker aus.“ meinte Eduard.

„Das war sowieso für euch bestimmt. Nehmt es euch.“

Die beiden Würmer machten sich über das graue Ding her und schmatzten ordentlich laut.

„Lecker!“ riefen beide. Die anderen sahen sich bloß an.

Nun mußte Kuschi aber aufbrechen. Unten am Korb wurden kleine Räder ausgeklappt, ein Zuggeschirr kam um den Hals und los hoppelte der Osterhase Richtung Wittdün an Land und verschwand zwischen den Häusern.

„Hoffentlich wird er seine Pfannkuchen-Eier los,“ meinte Peter, „ der Weg nach Pinneberg ist wirklich zu weit.


VAB 200406