22. Eduard und Peter im Winter

Die Tage werden immer kürzer, es wird abends früh dunkel und am Morgen erst spät wieder hell. Nur Ebbe und Flut gehen weiter wie sonst, der Mond sorgt seit ewigen Zeiten dafür.

Es wird immer kälter und die beiden Wattwürmer beginnen sich um das Essen Sorgen zu machen. Eduard schlägt vor, zum Einspeichern von Eßschlamm eine weitere Wohnröhre zu graben. Peter möchte es gern wärmer haben. Aber, wo soll die Wärme im Winter herkommen? Die Sonne scheint nicht lange genug, schafft es nicht, Mittags bis ganz oben am Himmel zu klettern. Erstmal bauen die beiden eine gemeinsame Speisekammer. Nach der Arbeit machen sie eine Pause und sehen sich draußen um.

Der Taschenkrebs Krabbel kommt vorbei und bleibt bei ihnen stehen.
„Na, wie weit seid ihr mit den Vorbereitungen für den Winter? Denkt dran, wenn das Watt zufriert, könnt ihr nicht nach draußen!“

„Was sollen wir denn tun? Wie können wir uns gegen die Kälte schützen?“
Eigentlich müßten sie das wissen, denn sie haben doch schon einen Winter erlebt. Aber soviel und so lange zurück erinnern paßt nicht in das winzige Gehirn der Wattwürmer.

Nun gesellt sich Rappel, der Bruder von Krabbel, zu ihnen.
„Das ist doch ganz einfach,“ sagt er, „unsere Freunde, die kleinen Bakterien und die Pilze helfen uns. Wir haben unsere Wohnung unter den Steinen an der großen Buhne gemütlich mit Blasentang und vergammelten Pflanzenresten ausgekleidet. Das hält warm wie ein dicker Mantel, weil die kleinen Freunde darin leben, das alte Zeug essen und beim mampfen richtig viel Wärme erzeugen. Und für uns gibt es immer was schönes zu essen. So eine Wärmestube solltet ihr bei euch auch einrichten.“

Eduard und Peter halten das für eine gute Idee und fangen gleich an, die Wohnröhren umzubauen. Sie sammeln Algen und andere Reste und polstern die Wohnungen damit aus. In der Speisekammer nebenan häufen sie leckeren Schlamm auf. Nun kann der Winter richtig kommen.

Und er kommt auch! Nur ein paar Tage später hören sie draußen den Sturm heulen und als sie sich nach draußen trauen, hat sich die Umgebung total verändert:

 

Alles um sie her ist weiß. Das Weiße ist Schnee und Eduard merkt, als er seine Nase hinein steckt, dass er sehr kalt ist. Brrr! Schnell zurück nach unten. Erstmal machen sie sich aus Pflanzenfäden eine Mütze und einen Schal für den Hals. Dann trauen sich wieder nach draußen und schauen sich um.

Die Sonne scheint, es ist hell, aber der Wind ist kalt. Drüben am Strand ist nichts los, kein Mensch zu sehen. Alles sieht ganz ungemütlich aus.

Emma Möwe kommt vorbei geflogen. Sie setzt sich zu Eduard und Peter und sagt: „Den Winter mag ich nicht so gerne. Es gibt sowenig zu futtern, dass mir der Bauch vor Hunger weh tut. Im Sommer kann man mal den Menschen ein Brötchen vom Teller oder ein Eis aus der Hand klauen, aber jetzt sind nur noch Amrumer da. Von denen gibt es nichts. Dafür machen wir ihnen aufs Dach, oder auf die Mütze, das macht besonders viel Spaß.“

Rappel und Krabbel rufen zusammen: „Gut, dass die Menschen weg sind! Besonders die kleinen sind besonders lästig. Statt uns mal einen Leckerbissen zu geben, müssen wir in ihren Eimern sitzen. Wenn wir Glück haben, können wir sie mal kneifen oder ihnen weglaufen. Sie haben aber leider lange Arme und fixe Hände, da ist es schwierig. Wäre es doch wärmer, hätten wir es jetzt sehr gemütlich. Wir müssen jetzt aber weiter nach Haus, der Himmel sieht nach Schnee aus.“ 

Inzwischen hat sich die Sonne hinter dicken Wolken versteckt. Vom Himmel fallen weiße Krümel, die aus der Nähe wie Sterne aussehen. Es ist Schnee. Eduard sagt: „Die sind aber schön!“ Peter, der praktische, meint dazu: „Aber sehr, sehr kalt!“

Wieder verändert sich die Welt um sie herum. Leider können sie davon nicht sehen, weil der Schnee das Watt mit einer dicken Schicht verhüllt und sie nicht mehr hinaussehen können. Sie ziehen sich nach unten zurück. Und siehe da, in ihren Wohnungen ist es schön warm. Ihre kleinen Freunde, die Bakterien und Pilze, haben beim Essen alles schön eingeheizt.

Die beiden Freunde futtern eine Portion Schlamm und kuscheln sich unter ihre Algendecke. Bald sind sie eingeschlafen.

VAB 201203