Deutschlands Kolonieen in acht Bildern.

Für Schulen bearbeitet von Gustav Wende.

Mit einer Karte von H. Reinsdorf.

kurze Beschreibung von Land und Leuten unserer außereuropäischen Besitzungen.
Nach den neuesten Quellen bearbeitet von C. Frenzel und G. Wende.

Mit 44 Abbildungen und einer Karte der deutschen Kolonieen.

Verlag von (Carl Meyer (Gustav Prior) in Hannover 1893
Dritte vermehrte Auflage.
Druck von August Grimpe in Hannover
Zu beziehen durch alle Buchhandlungen.

Preis 25 Pfg. Der Reinertrag ist für den Schlesischen Pestalozzi-Verein bestimmt.

Preis kart. etwa 2 M 80, eleg. geb. 3 M.


Inhalt.


Die Kolonieen im allgemeinen.

Die meisten europäischen Staaten besitzen schon seit mehreren Jahrhunderten Kolonieen, nach welchen stolze Schiffe die Erzeugnisse der Industrie fuhren, um dafür Kaffee, Tabak, Reis, Baumwolle, Zucker, ja wohl auch Gold und Silber einzutauschen, und in welche die Bewohner des Mutterlandes auswandern, sich dort niederzulassen, den Boden zu bebauen oder nach edlen Metallen zu durchsuchen.

Auch deutscherseits wurde schon vor 200 Jahren der Versuch gemacht, Kolonieen in fremden Erdteilen zu erwerben. Der Große Kurfürst schickte im Jahre 1681 ein Schiff seiner neugegründeten Flotte nach der afrikanischen Sklavenküste, ließ in den Gebieten einiger Negerhäuptlinge die preußische Flagge hissen und nahm dadurch von diesem Lande Besitz. Zum Schutze der kleinen Kolonie ließ er in den folgenden Jahren die kleine Festung „Groß-Friedrichsburg“ anlegen. Allein schon unter Friedrich Wilhelm I. wurde die Kolonie für 6000 Gulden wieder verkauft, und zwei Jahrhunderte vergingen, ehe Deutschland wirklich und dauernd in die Reihe der Kolonialmächte eintrat.

An verschiedenen Orten der Westküste von Afrika hatten sich neben Handelsfirmen der verschiedensten Nationen auch deutsche Kaufleute nieder gelassen, um mit den eingebornen Völkerstämmen Handel zu treiben. Sie hatten jedoch unter der Feindseligkeit fremder Händler und unter den Räubereien und Gewaltthaten der wilden Eingebornen so zu leiden, daß sie den Schutz ihres Mutterlandes, des neugegründeten Deutschen Reiches, anriefen. Infolgedessen schickte die deutsche Reichsregierung Kriegsschiffe an die westafrikanische Küste, ließ im Jahre 1884 an verschiedenen Stellen derselben die deutsche Flagge hissen und dieselben dadurch unter deutschen Schutz stellen.

Auch auf den zu Australien gehörenden Inselgruppen des Stillen Ozeans unterhielten deutsche Kaufleute einen lebhaften Handel, und das Interesse desselben erforderte auch hier ein Eingreifen des Staates. Dies erfolgte in demselben Jahre durch Gründung der Kolonieen „Kaiser- Wilhelms-Land“ und „Bismarck-Archipel“. Im Jahre 1885 wurde die deutsche Schutzherrschaft auch auf große Ländergebiete Ostafrikas und die australischen Marschall-Inseln ausgedehnt. Durch Verträge, welche das Reich mit den übrigen Kolonialstaaten schloß, wurden die erworbenen Gebiete noch vergrößert und die Grenzen bestimmt. Der wichtigste Vertrag ist der Deutsch-englische vom 1. Juli 1890. In demselben wurden die Grenzen unserer Kolonieen endgültig festgesetzt, und die äußere Entwickelung der deutschen Schutzgebiete dürfte durch diesen Vertrag ihr Ende erreicht haben. Gegenwärtig besitzt Deutschland folgende Kolonieen:

I. In Afrika: Kamerun, Togoland, Südwest-Afrika, Deutsch- Ostafrika.

II. In Australien: Kaiser-Wilhelms-Land, Bismarck-Archipel, die Salomo-Inseln und die Marschall-Inseln.

Diese Kolonieen umfassen Gebiete von der vierfachen Größe unseres deutschen Vaterlandes. Die Einwohnerzahl läßt sich nur schätzen. Jedenfalls beträgt sie mehr als 8 Millionen. — Da die Kolonieen mit Ausnahme eines Teiles von Südwest-Afrika alle in der heißen Zone liegen, so ist es ausgeschlossen, daß die Bebauung der teilweise äußerst fruchtbaren Ländergebiete durch deutsche Auswanderer erfolgen könne. Die Kultur des Bodens wird vielmehr durch Eingeborne erfolgen müssen.

1. Kamerun.

Das Land.

Lage und Ausdehnung. Kamerun liegt an der Westküste Afrikas, und zwar am Meerbusen von Guinea. Die Westgrenze bildet auf 300 km der Atlantische Ozean. Im Nordwesten grenzt die Kolonie an englisches und im Süden an französisches Gebiet. Nach dem Innern, wo sich das Gebiet fächerartig ausbreitet, sind die Grenzen nicht genau bestimmt; doch nimmt man den 15. Längengrad als Ostgrenze an. Das ganze Gebiet ist etwa so groß wie das Königreich Preußen.

Gebirge und Flüsse. Nicht weit von der Küste, gegenüber der spanischen Insel Fernando Po, erhebt sich das höchste Gebirge des ganzen westlichen Afrikas, das Kamerungebirge. Es zieht halbmondförmig von Süden nach Norden. Der höchste Gipfel steigt bis zur Höhe von 4200 m auf. Mit seinem Fuße ragt er bis ans Gestade des Meeres; an seinen Abhängen rauschen mächtige Palmen- und Bananenwälder; in einer Höhe von 2000 m folgen Grasflächen und noch höher hinauf kahles Felsgestein. Der Gipfel aber ist zuweilen mit einer leichten Schneedecke belegt. Wenn dieser Schnee im Abendrot blitzte und funkelte, während das Thal schon in tiefes Dunkel gehüllt war, da mögen die Eingebornen diesen Gipfel für den Sitz ihres Gottes gehalten und ihn Monga ma Loba d. i. Gottesberg genannt haben. Weiter im Innern Kameruns liegen fruchtbare Hochebenen, weite Grassteppen und waldreiche Bergländer. Aus diesen Bergländern rauschen die Ströme Kameruns in Stromschnellen und Wasserfällen hervor. In der Regenzeit wälzen sie mächtige gelbe Fluten zum Ozean, während in der trockenen Zeit sich weite Sandbänke bilden. Alle sind auf weite Strecken schiffbar und somit wichtige natürliche Verkehrswege.

Als größten Fluß bezeichnet man gewöhnlich den Kamerunfluß, der in einer Breite von 3 km südlich vom Kamerungebirge mündet. Diese Mündung ist jedoch ein Meerbusen, in welchen eine Reihe von Strömen ihr Wasser wälzen, unter denen die größten der Mungo und der Wuri sind.

Klima. Da das Schutzgebiet nahe am Äquator liegt, ist das Klima besonders an der Küste heiß und ungesund. Wenn es auch durch die immer wehenden Seewinde gemildert und durch die häufigen Regenfälle abgekühlt wird, so zeigt das Thermometer oft 36 °C, niemals aber unter 10°. Kamerun ist ungeheuer reich an Regen. Zwar unterscheidet man eine trockene Jahreszeit, November bis Januar, doch auch in dieser erfolgen häufige Gewittergüsse. In der eigentlichen Regenzeit aber rauschen täglich Regenschauer hernieder, und das Land ist dauernd in Nebel gehüllt, den die heiße Sonne selten zu durchdringen vermag. Die Regenzeit ist für die Europäer sehr ungesund; viele sterben am Fieber, und auch die Eingebornen haben schwer zu leiden. Weiter im Innern, wo das Land höher liegt, ist das Klima erträglich.

Pflanzen- und Tierwelt. Wegen seines Wasserreichtums und seines warmen Klimas ist das Land besonders in der Umgegend des Gebirges ein wahrer Garten Gottes. Kamerun hat eine so reiche Pflanzenwelt wie kein Land der afrikanischen Westküste. Mächtige Wälder von Bananen und den verschiedenen Palmenarten bedecken das Land. Alle überragt die Ölpalme, für Kamerun und den Handel die wichtigste Pflanze. Aus ihren faserigen Fruchthüllen gewinnt man das Palmöl, und die Kerne werden in Tausenden von Centnern jährlich nach Europa zur Ölbereitung geschafft. Eine einzige Fruchttraube hat oft 800 Früchte. Im Lichte der Sonne prangt das Grün des 20 m hohen Guttaperchabaumes, der das Kautschuk liefert, und aus den Sträuchern schaut die weiße Blüte des Kaffeestrauches, der hier wie Baumwolle wild wächst. In der Nähe der Ortschaften erblickt man Jams-, Mais- und Kakaofelder. Die Wurzelknollen des Jams genießen die Eingebornen wie unsere Kartoffel. — Im ganzen Schutzgebiet wird Viehzucht getrieben. Man zieht schönes Rindvieh, glatthaarige Schafe, Ziegen und Schweine. Auch Geflügel ist zahlreich; besonders ist das Huhn überall verbreitet. Außerdem kommen im Innern Leoparden, Antilopen, Büffel und Affen vor. Von Schlangen kommt die Puff- und Brillenschlange vor.

Die Bewohner.

Die Bewohner Kameruns sind Neger. Da eine Volkszählung noch nicht stattgefunden hat, auch nicht möglich ist, so kann man die Zahl derselben nicht angeben. Man schätzt sie auf 1/2 Million. Die Bevölkerung teilt sich nach den Flüssen, Gebirgen und Landschaften, an und in denen sie wohnen, in eine Reihe von Stämmen. An den Ufern des Kamerunflusses und den übrigen in den Kamerun-Meerbusen mündenden Strömen wohnen Stämme, welche man unter dem gemeinsamen Namen Dualla zusammenfaßt.

Die Wohnung der Eingebornen besteht in einer einfachen, fensterlosen Hütte, aus Bambusstämmen aufgerichtet und mit Rinde und Palmenblättern eingedeckt. Ein einfacher Tisch, mehrere Stühle, manchmal eine Bettstelle, das ist die ganze Ausstattung. Die Bewohner der Küstenorte dagegen haben zweistöckige, schmucke Häuser.

Die Kleidung besteht nur aus einem Zeugstreifen, der um die Hüften geschlungen wird; dagegen lieben sie den Schmuck sehr. Besonders die Weiber und Kinder tragen Perlenketten um Hals, Hand- und Fußgelenke, Ohrringe, Holzpflöcke, und auch die ärmsten wenigstens einen Schweinezahn an einem Bindfaden. Große Vorliebe zeigen die Männer für europäische Schmucksachen. Stolz geht der Dualla, zwar beinahe nackt, aber mit Stulpen und Zylinderhut angethan, einher. Neben Fischen und dem Fleisch der Haustiere ißt man am Feuer gerösteten Mais und Jams. Alle Speisen werden mit frischem Palmöl bereitet. Der aus den Zweigen der Ölpalme heraustretende Saft wird gesammelt und der erfrischende Palmwein daraus bereitet.

Erwerb. Die Dualla leben ausschließlich vom Handel. Die anderen Stämme treiben Viehzucht, Jagd und, soweit sie an der See wohnen, Fischfang. Es war bisher schwer, die Eingebornen zu Arbeiten in den Plantagen zu gewinnen; erst in neuester Zeit scheinen sie den Widerwillen gegen diese Beschäftigung abzulegen. Bisher hielten sie Erdarbeiten für ehrlos für einen freien Mann. Geneigter zeigen sie sich der Erlernung eines Handwerkes. Die im Gebiete thätigen Missionäre haben schon jetzt eine genügende Zahl von Zimmerleuten, Maurern und Schneidern ausgebildet, und stetig wächst diese Zahl.

Sitten. Die Dualla stehen unter Häuptlingen, die sich Könige nennen. Fast jede Ortschaft hat ihren König. Ansehen, Würde und Macht haben diese Könige selten; sie sind nichts als schlaue Händler, träge, verlogen, feige und verstohlen wie die meisten Unterthanen. Die Frau gilt bei den Eingebornen als Lasttier; sie wird gekauft und wieder verkauft wie gewöhnliche Ware. Eigentümlich ist die Trommelsprache der Dualla. Durch Anschlägen von zwei Holzschlegeln auf eine Trommel werden bald lange, bald kurze Töne hervorgebracht, welche auf sehr weite Entfernungen vernehmbar und den Eingebornen verständlich sind.

Religion. Mission und Schule. In scheuer Ehrfurcht blicken die Dualla zum Gipfel ihres Kamerungebirges, in der Meinung, derselbe sei der Sitz ihrer vielen Gottheiten. Sie feiern ihren Göttern Feste und bringen ihnen Opfer dar. Sie glauben, der Mensch habe zwei Seelen, von denen die eine nach dem Tode zu den Göttern fahre, die andere aber sich als Gespenst auf der Erde umhertreibe. — Seit das Land unter deutschem Schutze steht, macht das Christentum unter den Eingebornen rasche Fortschritte. Vier Missionsgesellschaften mit 28 weißen Missionären entfalten eine ungemein rege und gesegnete Thätigkeit. Alljährlich vermehren sich die Zahl ihrer Stationen, in welchen sie Wohn- und Schulhäuser und Kirchen bauen, Pflanzungen anlegen, predigen, lehren und taufen. Außer den Missionsschulen hat auch die Regierung zwei Schulen mit deutschen Lehrern eingerichtet. Der Andrang zu diesen Schulen ist ein großer, Schulbesuch und Betragen der Schüler recht befriedigend.

Europäer. Handel. Plantagen. Im Schutzgebiete wohnen 166 Europäer, darunter 133 Deutsche. Sie haben entweder Faktoreien eingerichtet oder Plantagen angelegt. Eine solche Faktorei besteht gewöhnlich aus einem Wohnhaus und mehreren Lagerräumen. Hierher bringen die Eingebornen die Erzeugnisse ihres Landes, besonders Elfenbein und Palmöl, und vertauschen sie gegen europäische Waren, wie gläserne Schmucksachen, bunte Zeuge, Rum, Tabak, Gewehre und Munition. Der Handel Kameruns, der von Jahr zu Jahr wächst, ist also immer noch Tauschhandel. Plantagen hat man besonders am Kamerungebirge angelegt. Man baut hier vorzüglichen Kaffee, Kakao, Baumwolle und Tabak.

Politisches.

Erwerbung. Schon seit dem Jahre 1868 hatte die Hamburger- Handelsfirma Wörmann in Kamerun Faktoreien angelegt. Später nahmen noch andere deutsche Handelsgeschäfte am Handel Kameruns teil, und 1884 erwarben diese deutschen Kaufleute durch Verträge mit den Häuptlingen die Hoheitsrechte über das Land. Sie übertrugen dieselben an das Deutsche Reich, und im Auftrage der Reichsregierung hißte der Afrikareisende Dr. Nachtigal an verschiedenen Stellen des Landes die deutsche Flagge und stellte es dadurch unter deutschen Schutz. Als verschiedene Häuptlinge, von den Engländern aufgestachelt, die deutsche Hoheit nicht anerkennen wollten und die deutschen Niederlassungen gefährdeten, sandte die deutsche Reichsregierung Kriegsschiffe nach Kamerun, um die Aufrührer zu züchtigen. 1885 wurden in Verhandlung en mit England und Frankreich die Grenzenwie oben festgesetzt.

Erforschung. Seit Kamerun unter deutschem Schutze steht, hat die deutsche Reichsregierung fortgesetzt Expeditionen ausgerüstet, an deren Spitze kühne Forscher, tapfere deutsche Offiziere standen, und mit denen die Pioniere des Handels und Evangeliums ins Innere zogen, um das Land zu erforschen, den Handel in das Innere auszudehnen und wilde Völkerstämme auf eine höhere Stufe der Bildung zu bringen. (S.Näheres über diese Expeditionen: Frenzel und Wende, Deutschlands Kolonieen) Diese Erforschungen haben viel Opfer an Gut und Blut gefordert; sie haben aber auch außerordentlich fruchtbare Hinterländer nachgewiesen, unter denen von größter Bedeutung das mächtige Negerreich Adamaua werden dürfte, da es nicht nur sehr fruchtbar, sondern auch reich an Elefanten ist, die bekanntlich den Haupthandelsgegenstand, das kostbare Elfenbein, liefern. Auf ihren Zügen ins Innere haben diese Expeditionen Stationen angelegt, die die nachfolgenden Karawanen, Händler und Missionäre schützen sollen. Diese Stationen bestehen aus mehreren Gebäuden, bei denen zur Unterhaltung der Bewohner Pflanzungen angelegt wurden. Besetzt sind sie von etwa zwanzig gut bewaffneten, zuverlässigen Eingebornen, die unter einem weißen Führer stehen.

Verwaltung. Orte. An der Spitze der Verwaltung steht ein kaiserlicher Gouverneur, der mit einem Kanzler in Kamerun (Stadt) wohnt, und dem eine Polizeitruppe von 50 Mann zur Verfügung steht. In Victoria, dem Hauptort des nördlichen Bezirkes, und in Kribi im südlichen Bezirk wohnen Bezirks-Amtmänner, welche besonders die Aufgabe haben, Rechtsstreitigkeiten der Eingebornen zu schlichten. In den drei genannten Orten befinden sich auch deutsche Postanstalten, und Kamerun-Stadt hat seit einiger Zeit telegraphische Verbindung mit Europa. Der Postverkehr mit Europa wird durch deutsche und englische Dampfer besorgt. Die Haupteinnahmequelle der Kolonie sind die Zölle, welche die Regierung von ein- und ausgeführten Waren erhebt.

2. Togoland.

Das Land.

Lage und Ausdehnung. Togoland liegt in Ober-Guinea und zwar an der Sklavenküste. Die Südgrenze bildet auf 52 km der Atlantische Ozean. Im Osten grenzt es an französisches Gebiet und im Westen an die unter englischer Herrschaft stehende Goldküste. Wie Kamerun, so erweitert sich Togoland nach dem Innern zu fächerartig. Das bis jetzt bekannte Gebiet ist etwa so groß wie das Königreich Bayern.

Bodengestalt. Bewässerung. Vom Meere aus betreten wir in Togoland zunächst einen schmalen sandigen Küstenstrich, der sich von Westen nach Osten immer mehr zuspitzt und an der franz. Grenze nur noch 20 Schritt breit ist. Hinter dieser Nehrung zieht sich eine seichte Lagune hin, die sich im Westen zum Togosee erweitert. Dieser See wird von den beiden Flüssen Sio und Haho gespeist, von denen der letztere 10 — 12 m breit und schiffbar ist. In seinem ganzen Mittelläufe durchfließt der Voltafluß im Westen und in seinem Ober- und Mittelläufe der Agome im Osten die Kolonie. Jenseits der Lagune erhebt sich das Land nach und nach zu einem welligen Hochlande. Im Innern ist Gebirgsland mit Gipfeln bis zur Höhe der Schneekoppe.

Klima. Das Klima Togolands ist auch für Europäer erträglich; freilich angestrengte Arbeit können dieselben auch hier im Freien nicht verrichten. Im Innern ist das Klima gesunder als an der Küste, wo das Fieber auch hier seine Opfer fordert. Togoland hat zwei Regenzeiten, vom April bis August und vom Oktober bis November. Die mittlere Temperatur an der Küste ist 26° C.

Pflanzen- und Tierwelt. Auf der Nehrung wachsen nur Dorngesträuch und wilde Dattel- und Fächerpalmen; hinter der Lagune jedoch ist der Boden überaus fruchtbar. Um die Ortschaften und an den Flüssen stehen prächtige Kokos- und Ölpalmenhaine, und weiter im Innern dehnen sich weite Grasflächen von Urwaldstreifen durchzogen aus. Diese Wälder machen die Eingebornen urbar. Am Fuße der Stämme unterhalten sie ein Feuer, bis dieselben durchgebrannt sind, umfallen und gänzlich verbrennen. Auf diesem so gewonnenen Lande bauen die Eingebornen ihre Früchte. Alle europäischen Gemüse gedeihen im Togolande, außerdem der Melonen- und Guttaperchabaum auch die Banane.

Von unsern Haustieren giebt es Pferde und Rinder äußerst selten, dagegen sind Schafe, Ziegen und alle Arten von Hühnern überall verbreitet.

Von den wilden Tieren kommt der Elefant vereinzelt, der Büffel häufiger vor. Antilopen giebt es im Togolande vier Arten, außerdem im Gebirge Wildschweine. Die Vogelwelt ist vom kleinsten buntfarbigsten Kolibri bis zum Geier in allen Farben und Größen vertreten.

Die Bewohner.

Nur das Küstengebiet ist stark bevölkert. Es giebt hier Ortschaften mit mehr als 10 000 Einwohnern. Im Innern ist die Bevölkerung geradezu spärlich. Die Bewohner Togolands sind die Ewe-Neger, deren Zahl man auf zwei Millionen schätzt. Sie sind körperlich wohl gebaut und geistig gut beanlagt. Ihre Nase ist nicht so stumpf und ihre Lippen sind nicht so aufgeworfen wie bei den übrigen Negern. Das Haar ist wollig und bei Männern und Frauen kurz geschoren.

Wohnung und Kleidung. Die Häuser sind klein und viereckig und mit einem Dach von Schilf und Gras versehen. Jedes Haus hat eine verschließbare Thür, aber in der Regel kein Fenster. Das Häuschen ist von einem Hofe umgeben. Überall herrscht die größte Reinlichkeit. In jedem Dorfe befindet sich ein sogenanntes Palawerhaus. Es ist dies eine vorn offene und nicht sehr tiefe Halle, in welcher die unter den Eingebornen ausgebrochenen Streitigkeiten geschlichtet werden. Von Ortschaft zu Ortschaft führen nur fußbreite, aber gut gepflegte Fußwege.

Bei der Arbeit trägt der Mann nur einen Schurz. An Feiertagen kleidet er sich mit einem europäischen Hemd und einer Art Toga. Auch die Frauen haben diese Toga, die bei ihnen aus dem Rücken zu einem Beutel erweitert ist, in welchem sie nach Art der Eskimo die Kinder tragen. Die Männer schmücken sich mehr als die Frauen, und zwar an Ohren, Hals, Armen, Fingern und Zehen.

Als Zeichen ihrer Würde tragen die Häuptlinge zuweilen eine Frauenhaube und darüber einen Zylinderhut.

Erwerbsquellen. Die Ewe-Neger sind fleißige Ackerbauer. Da Zugtiere nicht vorhanden, müssen sie das Land mit Hilfe eines 60 cm langen Buschmessers und einer Hacke mit der Hand bebauen. Die Hauptfrucht bildet die afrikanische Kartoffel, Jams genannt, welche so gut gedeiht, daß Knollen von der Größe eines Wassereimers vorkommen. An der Küste baut man auch Mais und im Innern Reis. Der erstere wird zwischen zwei Steinen zerrieben, mit Palmwein vermischt und ein Gebäck daraus bereitet. Auch Handel treiben die Ewe-Neger. Während sie früher nur Salz bis tief ins Innere auf dem Kopfe trugen, holen sie jetzt allerlei europäische Waren von der Küste. Für den Handel pflanzen sie die Ölpalme, von welcher sie Palmöl, Palmkerne und Palmwein gewinnen. Außerdem sind die Eingebornen geschickte Handwerker. Alles, was der Ewe-Neger braucht, stellt er sich selbst dar. Die Matte, auf der er schläft, hat er selbst geflochten; sein Feiertagskleid hat er selbst gewebt. Auch Töpfe verfertigen die Ewe-Neger, ebenso sind sie als Schmiede bekannt und berühmt.

Religion. Mission und Schule. Die Ewe-Neger sind arge Götzendiener. Zwar glauben sie an ein höchstes Wesen, Wawu, den Erhabenen; aber dies Wesen halten sie für viel zu erhaben, als daß es sich um uns arme Menschenkinder kümmern möchte. In die Lücke treten die Geister, vor welchen sie große Furcht haben. Die Furcht vor diesen beherrscht der Eingebornen ganzes religiöses Denken. Überall stellen sie ihre Götzenbilder, Fetische, auf, die von besonderen Priestern, den Fetischpriestern, bedient werden. Aber auch jedem Steine, über den sie stolpern, jedem Baume, der sie erschreckt, jedem Tiere, das sie fürchten, schreiben sie göttliche Eigenschaften zu. Der Aberglaube ist der Fluch des Volkes. Man glaubt, daß der Tod des Einzelnen durch andere verschuldet würde und trägt die Leiche im Dorfe umher. Man meint, daß sie vor dem Gehöft des Schuldigen ein Zeichen geben werde. Dies geschieht natürlich immer. Das Zeichen giebt eben der Fetischpriester. Der Beschuldigte wird nun gezwungen, Gift zu trinken. Schadet ihm der Trank nichts, was nie der Fall sein dürfte, so ist er unschuldig. Durch diesen Unschuldsbeweis werden ganze Dörfer entvölkert. Im Übrigen sind die Ewe-Neger durchaus friedliebend. Etwa ausbrechende Streitigkeiten werden fast immer von den Häuptlingen, die zum Teil großes Ansehen genießen, friedlich beigelegt. Leider stehen auch sie allzu sehr unter dem Einflusse der Fetischpriester. Seit mehreren Jahren arbeiten deutsche evangelische und katholische Missionäre an der Bekehrung der Ewe-Neger zum Christentume.

Mit großem Jubel wurde die so lange sehnsüchtig erwartete Eröffnung einer deutschen Schule begrüßt. Stolz rufen schon heute die schwarzen Negerschüler den Spaziergängern ihren „Guten Tag“ zu, und mit Eifer lernen die Eltern von den Kindern deutsche Redensarten, um sich damit zu brüsten. Im Rechnen dürften es nur die besten deutschen Volksschüler mit ihnen aufnehmen.

Europäer. Handel. Europäer befinden sich gegenwärtig im Schutzgebiete 50, darunter 40 Deutsche. Es sind Kaufleute, die im ganzen 31 Faktoreien eingerichtet haben. Die Hauptausfuhr, mit einem jährlichen Werte von beinahe drei Millionen Mark, besteht in Palmöl und Palmkernen. Eingeführt werden europäische Waren, leider auch immer noch viel Branntwein. Bisher gab es Plantagen in Togo gar nicht. Seit zwei Jahren beginnt man jedoch Kakao, Kaffee, Baumwolle und Kokosnüsse anzupflanzen, welche gut gedeihen. Auch die Eingebornen legen solche Pflanzungen schon an vielen Orten an.

Politisches.

Erwerbung. Togoland ist seit 1884 deutsches Schutzgebiet. Schon früher hatten deutsche Handelshäuser hier ungehindert Handel getrieben, bis die Häuptlinge des Landes, von den Engländern aufgehetzt, sie aus dem Lande zu treiben drohten. Da erschien im Sommer 1884 den Deutschen zum Schutz das deutsche Kriegsschiff „Möve“ an der Küste von Togo, und Dr. Nachtigal erklärte die deutschen Faktoreien als unter deutschem Schutze stehend. Das Erscheinen des Kriegsschiffes hat seine Wirkung nicht verfehlt. Der König von Togo und andere Häuptlinge schlossen Verträge mit Dr. Nachtigal, und auch mit Frankreich wurden Verhandlungen gepflogen, durch welche die Ostgrenze der nunmehr deutschen Kolonie Togo festgesetzt wurde.

Die Verhandlungen mit England wegen Regelung der Westgrenze haben sich bis zum Jahre 1890 hingezogen. Erst der deutsch-englische Vertrag vom 1. Juli 1890 hat die Grenzlinie endgültig bestimmt.

Auch das Hinterland von Togo ist beinahe ununterbrochen durchforscht worden, und zwar hatten die Expeditionen auch hier den Zweck, eine Verbindung mit den im Hinterlande wohnenden fleißigen Völkerstämmen anzubahnen und Verträge mit ihnen abzuschließen, um die Nordgrenze des deutschen Togolandes immer weiter ins Innere vorzuschieben.

Die Verwaltung führt ein kaiserlicher Beamter, der in dem Dorfe Sebbe wohnt. In Lome und Klein-Popo sind Amtsvorsteher angestellt, zu denen die Eingebornen kommen, um ihre Streitigkeiten schlichten zu lassen. In den genannten beiden Orten befinden sich auch deutsche Post-Anstalten, und die deutsche Post steht wegen ihrer außerordentlichen Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit bei den Eingebornen in großem Ansehen. Die Verwaltung verwendet großen Fleiß auf die Anlage von Verkehrswegen. Außer Lome und Kl.-Popo mit 1500 bezw. 10000 Einwohnern haben die Europäer noch Niederlassungen in Bagida und Porto-Seguro.

3. Südwest-Afrika.

Das Land.

Lage und Ausdehnung. Südwest-Afrika ist die zweitgrößte deutsche Kolonie. Die natürliche Westgrenze bildet in einer Ausdehnung von 1500 km der Atlantische Ozean. Im Süden grenzt das Schutzgebiet an die englische Kapkolonie. Die Ostgrenze bildet der 20. und weiter im Norden der 21. Längengrad, und die Nordgrenze zieht von der Mündung des Kuneneflusses bis zum Sambesi. Das nördliche Grenzgebiet ist portugiesisch. Das so begrenzte Gebiet umfaßt vom Süden nach Norden das Groß-Nama-, Damara-, Kaoko- und Ovamboland und ist ungefähr 21/2 mal so groß als das Königreich Preußen.

Bodenform. Die Küste ist einförmig und zeigt wenig Häfen. Die etwa in der Mitte liegende Wulfischbai hatten schon früher die Engländer in Besitz genommen, dagegen gehört uns der Sandwichhafen, der durch eine kleine Bucht und davorliegende Insel gebildet wird, und die kleine Bucht Angra Pequena (kleine Bucht), nach der das Land früher benannt wurde. Das ganze Küstengebiet erscheint vom Meere aus wie eine große Sandwüste. An der See ziehen sich Dünen von wechselnder Breite hin, und hinter diesen steigt das Land im Süden sanft, im Norden schroff zu Küstengebirgen auf, die aus verwittertem vulkanischem Gestein und Sand bestehen. Dies Gebirgsland hat im Norden Gipfel wie das Riesengebirge. Im Innern besteht das Land aus ausgedehnten Hochebenen, die mit grasreichen Weiden bedeckt und von einer Menge von Bergrücken durchzogen sind. Nach Osten fällt das Land zur Kalahariwüste ab.

Bewässerung. Von den Flüssen enthalten nur der Kuneue an der Nord- und der Oranjefluß an der Südgrenze das ganze Jahr hindurch Wasser, alle übrigen nur zur Regenzeit, die vom Mai bis September dauert. Wenn sich die Schleusen des Himmels öffnen und unendlicher Regen herabströmt, da reichen die Flußbette für die großen Wassermengen oft gar nicht aus. Die Fluten überschreiten die Ufer und überschwemmen die angebauten Felder. Sobald die Regenschauer aufhören, kehrt die Flut zurück, und oft ist der reißende Fluß wenige Stunden nachher wieder ausgetrocknet. Man nennt solche Flüsse Regenströme. Wirkliche Quellen giebt es nur im nördlichen Nama- und Hererolande. Um dem großen Wassermangel abzuhelfen, sammeln die Eingebornen das Regenwasser, und die Europäer legen künstliche Brunnen an.

Klima. Das Klima Südwest-Afrikas ist den Europäern durchaus zuträglich, und der Gesundheitszustand derselben war daher immer vorzüglich. An der Küste beträgt die mittlere Temperatur nur 20 oC, da hier beständig ein frischer Seewind weht. Im Innern dagegen zeigt das Thermometer sehr oft 40 oC, sinkt aber in der Nacht oft bis unter Null. Das ganze Land, besonders aber der Süden, leidet an Regenmangel, und die Küste zeichnet sich durch häufige und dichte Nebel unvorteilhaft aus.

Pflanzen- und Tierwelt. Wegen der Wasserarmut ist das Land auch arm an Pflanzen. Im Süden des Küstengebietes scheint sogar aller Pflanzenwuchs zu fehlen, nur hier und da stehen dürre Akaziensträucher, Aloe und Heidekräuter, und in der Regenzeit sproßt an den Wassertümpeln Gras empor. Im Norden wird die traurige Wüste wenigstens hin und wieder von fruchtbaren Ackerländern unterbrochen. Reicher ist die Pflanzenwelt im Innern. In den Hochebenen wechseln weite Grasflächen, die sich als Weiden für Rindvieh, Schafe und Ziegen vorzüglich eignen, mit lichten Wäldern ab. An den Flüssen gedeihen Weizen, Mais und alle Gemüsearten vortrefflich. Am fruchtbarsten ist jedoch ohne allen Zweifel das Ovamboland mit seinen schattigen Fruchtbäumen und Wäldern von allerlei Palmenarten. Hier gedeiht auch Tabak.

Auch die Tierwelt ist keine mannigfaltige. Von wilden Tieren giebt es zwar Hyänen, Schakale und Leoparden noch in größerer Zahl, allein die afrikanischen Tierriesen, Elefant, Rhinozeros und Flußpferd, die das Gebiet früher belebten, haben sich in die Wälder Inner-Afrikas zurückgezogen, und auch der König der Tiere, der afrikanische Löwe, der Büffel, Strauß und die Giraffe kommen nur noch vereinzelt vor. Die Grassteppen sind dagegen belebt von den afrikanischen Huftieren Antilope, Zebra und Gnu, und im Gebirge tummeln sich Gemsen und Steinböcke. Die Eingebornen züchten Rindviehherden bis zu 20000 Stück, und in neuerer Zeit wurden Angoraziegen und Wollschafe in großen Mengen eingeführt.

Mineralien sind in großen Teilen des Landes unzweifelhaft vorhanden. Schon früher bestanden Kupferminen hier, die jedoch wieder aufgegeben wurden, da der Transport nach der Küste zu kostspielig war. Auch Gold hatte man an einzelnen Stellen gefunden. Es wurden deshalb Geologen ins Land geschickt, die dasselbe auf seinen Gehalt an edlen Metallen untersuchen sollten. Das Ergebnis dieser Untersuchungen war jedoch bisher, daß sich Bergbau auf edle Metalle nicht lohne.

Die Bewohner.

Die Zahl der farbigen Bevölkerung läßt sich nicht feststellen, jedenfalls ist sie aber im Verhältnis zur Ausdehnung des Schutzgebietes eine äußerst geringe. Die Eingebornen gehören vorzugsweise drei verschiedenen Stämmen an. Im Süden wohnen die Namaqua oder Naman, nördlich davon die Herero und im Norden des Gebietes die Ovambo. Außerdem wohnen Bergdamaras und Buschleute im ganzen Gebiet vereinzelt. Diese leben, soweit sie sich nicht von der Jagd nähren, nur von wildwachsenden Feldfrüchten.

Die Naman sind Hottentotten. Ihre Körperfarbe ist heller als die gewöhnliche Negerfarbe. Ihre Kleidung bestand früher ans einem Stück Zeug, das sie um die Hüften gebunden hatten. Sie waschen sich nicht, reiben vielmehr Gesicht und Körper mit Fett und Farbe ein. Heute sind die Naman zum größten Teile Christen und tragen europäische Kleidung.

Sie wohnen in kleinen Hütten. Diese sind aus Stangen aufgerichtet und mit alten Säcken und Lappen bedeckt. An der Seite befindet sich ein Loch zum Hineinkriechen. Die ganze Hütte starrt von Schmutz. Das Hauptnahrungsmittel bilden Fische. Außerdem genießen sie das Fleisch von Ziegen, Tauben, Hühnern und von jagdbaren Tieren.

Die Naman sind ungeheuer träge. Nur der bittere Hunger kann sie dazu bewegen, etwas Mais, Kürbisse und Getreide zu bauen, oder bei den Missionären Arbeit zu suchen. Leidenschaftlich sind sie dem Trünke ergeben; um Branntwein zu kaufen, verkaufen sie alles, was sie haben. Am liebsten ziehen sie in Horden umher, um in den Wäldern zu jagen, und wenn die Jagdbeute zu gering ist, zu rauben. Sie überfallen die durch ihr Gebiet ziehenden Händler und führen das Vieh der Herero weg, mit welchem Stamme sie in beständiger Feindschaft leben; ja sie haben schon verschiedene Male auch den deutschen Ansiedelungen Besuche abgestattet, um das Vieh zu stehlen. Sie stehen unter Häuptlingen, deren mächtigster und berüchtigtster Hendrik Witboy ist.

Die Herero sind von schwarzer Gesichtsfarbe. Die Kleidung der Männer gleicht der der Naman. Die Frauen tragen dagegen eine Leinkappe, über Schultern und Rücken ein gegerbtes Fell und einen Rock aus Lederstreifen, die mit allerlei Perlen besetzt sind. Sie sind ebenso unsauber wie die Naman. Der Einfluß der Europäer macht sich jedoch auch bei ihnen schon geltend, so daß schon viele Kleider aus europäischen Stoffen tragen. Ihr Hauptnahrungsmittel sind die Früchte der Kapgurke, die Milch und das Fleisch ihrer Rinder; denn die Herero sind vorzugsweise Viehzüchter, und zwar züchten sie Rinder, Schafe und Ziegen. Auch Handel treiben sie mit ihrem Vieh, und dabei suchen sie auf jede Weise zu betrügen. Von den Missionären werden sie zum Ackerbau angehalten, den sie jedoch nicht gerade besonders zu lieben scheinen. Im Übrigen sind sie ein friedliches, heiteres Völkchen und stehen unter Häuptlingen. Der Oberhäuptling heißt Maharero.

Die Ovambo, das sind die Reichen, sind ein den Herero verwandter Volksstamm, sie stehen jedoch auf einer viel höheren Kulturstufe. Ihre Ortschaften zeichnen sich vorteilhaft vor denen der Herero und Naman , aus. Ihre Wohnungen sind sauber gehaltene Hütten, welche von Ackern und Wäldchen umgeben sind. Sie sind eins der thätigsten der Ackerbau treibenden Negervölker. Besonders bauen sie Hirse und Getreide, auch Tabak zum Selbstgebrauch. Ihre Hauptnahrung sind Hirsebrei und Milch. Von Haustieren züchten sie besonders Rinder und Schweine. Ihre Häuptlinge genießen großes Ansehen. Die Ovambo führen ein geordnetes Familienleben und sind mitleidig gegen die Kranken und Schwachen, die die Herero in die Wüste treiben.

Mission. Schon seit 20 Jahren wirken christliche Missionäre unter der heidnischen Bevölkerung. Zwischen den Missionären und den Eingebornen besteht überall das beste Einvernehmen, und Gewaltthätigkeiten gegen die Missionäre sind nie vorgekommen. Besonders segensreich ist der Einfluß der Missionäre inbezug auf die Unterdrückung des Handels mit Branntwein.

Europäer. Wirtschaftliche Unternehmungen. Im vorigen Jahre befanden sich 670 Europäer in einer ganzen Menge von Ortschaften zerstreut im Schutzgebiete. Es sind deutsche und englische Händler. Gegen europäische Waren, wie Gewehre, Kleidungsstücke, eiserne und gläserne Geräte und Schmucksachen, Branntwein, Tabak und Kaffee, handeln sie Vieh ein, das nach dem Kongo und von da zu Schiffe nach der Küste gebracht wird. Im Übrigen geht der Handel nach der Walfischbai und dem Kaplande. Von der Kapstadt kommt alle Monate ein Schiff in der Walfischbai an, direkte Schiffsverbindung ans Deutschland giebt es nur selten. Gehandelt werden außer Vieh Häute, Gummi, Straußenfedern und Elfenbein. Leider fehlt es an jedem Verkehrswege. Auf schwerfälligen Ochsenwagen werden die Handelsgüter transportiert, und da diese nur Gebiete mit Quellen durchziehen können, so ist der Handel sehr beschränkt.

Da das Land ein gutes Klima und große Strecken vorzüglichen Acker- und Weidelandes hat, so hat man den Versuch gemacht, Europäer anzusiedeln. Eine sogenannte Siedelungsgesellschaft hat in der Umgegend von Kl.-Windhoek im Hererolande, dem Sitz der deutschen Verwaltung, große Gebiete erworben und giebt gegen geringes Entgelt Acker und Weiden an fleißige Ackerbauer ab. Bis jetzt befinden sich die Versuche in den ersten Anfängen, jedoch gedeiht das angebaute Getreide gut.

Die großen Weiden wirtschaftlich auszunutzen, hat ein Deutscher in der Umgegend von Bethanien Weideflächen zunächst auf 20 Jahre gepachtet und große Herden von Wollschafen und Angoraziegen eingeführt. Ob die Viehzucht im Großen lohnend sein wird, soll erst die Zeit lehren.

Politisches.

Auch Deutsch-Südwest-Afrika ist seit 1884 deutsches Schutzgebiet. Die dortigen Besitzungen gehörten zunächst dem Bremer Kaufmann Lüderitz. Da diese Firma allein nicht imstande war, das große Gebiet von Südwest- Afrika wirtschaftlich nutzbar zu machen, so bildete sich auf Veranlassung des Reichskanzlers in Deutschland die „deutsche Kolonialgesellschaft für Südwest-Afrika“, welche von Lüderitz große Länderstrecken erwarb. Neuerdings ist auch an eine englische Gesellschaft ein großes Gebiet abgetreten worden. Leider kann bis jetzt von einer ruhigen Entwickelung dieses Schutzgebietes nicht die Rede sein, da die Naman und Herero in ewigem Kriege leben, und unter den fortgesetzten Streitigkeiten, Kriegszügen und Viehdiebereien auch die wirtschaftlichen Unternehmungen der Deutschen zu leiden haben. Die Verwaltung wird durch einen kaiserlichen Kommissar, der in Kl.-Windhoek wohnt, geführt. Demselben steht eine Schutztruppe, aus deutschen Soldaten gebildet, in Stärke von 60 Mann zur Verfügung. Sie ist im Anfänge dieses Jahres bedeutend verstärkt worden.

4. Deutsch-Ostafrika.

Das Land.

Lage. Ausdehnung. Deutsch-Ostafrika ist unser größtes Schutzgebiet; denn es umfaßt zweimal so viel Land als das Deutsche Reich.

Die natürliche Ostgrenze bildet aus 675 km der Indische Ozean. Im Süden trennt der Rovumafluß unser Schutzgebiet von portugiesischem Besitz. Im Westen grenzt Deutsch-Ostafrika an das Gebiet der großen innerafrikanischen Seen, und fällt die Grenze größtenteils mit der Grenze des Kongostaates zusammen, und nördlich von unserm Deutsch- Ostafrika liegt englisches Schutzgebiet. Auch die unserer Kolonie vorgelagerten Inseln, deren größte Sansibar ist, gehören außer der kleinen Insel Mafia zu England.

Bodenform. Wo wir auch die Küste unserer ostafrikanischen Kolonie betreten mögen, überall kommen wir zunächst auf eine nur wenige Kilometer breite Ebene, welche zur Sumpfbildung neigt. Die Küste ist wenig gegliedert; nur wenige kleine Häfen bieten den Schiffen Schutz vor den Stürmen des Ozeans. Die besten sind noch Tanga und Dar es Saalam. Weiter im Innern erhebt sich das Land terrassenförmig bis zur durchschnittlichen Höhe des Riesengebirgskammes. Dieses Küstengebirge durchzieht in weitem Bogen unser Schutzgebiet, und zwar so, daß es im Norden viel näher an der Küste liegt als im Süden, wo es zum Nyassa-See umbiegt. Hinter den Küstengebirgen beginnt das Gebiet der Savannen. Es sind unendlich weite Grasflächen mit nur wenig hügelartigen Erhebungen und kleinen erloschenen Vulkanen. Im Innern steigt dann das Land wieder zu mächtigen Gebirgen auf. An der Nordgrenze erhebt sich bis zu einer Höhe von 6100 m das mächtige Schneehaupt des Kilima-Ndscharo (Rübezahlberg), welcher erst im Jahre 1889 zum ersten Male bis zur Spitze erstiegen wurde. Aus einer Ebene von 800 m Höhe steigt er zuerst allmählich, zuletzt aber sehr steil bis zu jener erstaunlichen Höhe auf. Bis zur Höhe, welche etwa die Spitze der Schneekoppe erreicht, umrauschen diesen Wunderberg herrliche Bananenwälder, weiter hinauf beginnt ewig feuchter, großartiger Urwald mit himmelhohen Baumriesen und dichtem Unterholz. In Höhe von beinahe 3000 m erst fängt die Region der Gräser und Kräuter an und bei 5000 m treffen wir Schnee und Gletscher. Der höchste Gipfel des Berges wurde vom ersten Besteigen „Kaiser Wilhelm-Spitze“ genannt.

Bewässerung. Die Küstengebiete Ostafrikas find wasserreich. Eine Menge von Flüssen, welche alle zur Deltabildung neigen, wälzt seine Wassermassen dem Meere zu. Keiner aber ist von Bedeutung für die Schifffahrt. Auch aus den Küstengebirgen rauschen in Prächtigen Wasserfällen eine Menge von Quellen und Bächen zur Ebene. Die Ebenen des Innern aber sind arm an Wasser; es giebt da nur Regenströme, welche in der trockenen Zeit ganz austrocknen oder eine Reihe zusammenhängender Pfützen bilden. Von den Flüssen, welche alle zum Indischen Ozean fließen, ist nur der Rufidji in seinem Unterlaufe schiffbar. An der Westgrenze liegen die großen Seen Inner-Afrikas: der Nyassa-, Tanganika- und Viktoria-See. Der letztere ist so groß, wie das Königreich Bayern.

Bodenbeschaffenheit. Die Bodenbeschaffenheit unseres ostafrikanischen Schutzgebietes ist sehr verschieden. Gewiß sind gewaltige Strecken desselben geringwertig, ja wertlose Steppen, ja gewiß ist der größte Teil unfruchtbar, aber ebenso gewiß ist es, daß es große Strecken von überraschender tropischer Fruchtbarkeit giebt.

Die Küste ist sandig, doch überall mit Kokospalmen bewachsen; an den Sümpfen stehen Mangroven, die Banane und allerhand Sumpfpflanzen; wo sich aber der Boden auf 10—15 m erhebt, ist alles staubtrocken. Hier baut der Eingeborne seinen kärglichen Mais, Negerkorn, Hirse und an den Flüssen auch Zuckerrohr und Reis. An Stelle der Sumpfpflanzen tritt lichter Wald und besonders die Akazie. Ein ganz anderes Bild bietet das Küstengebirge. Neben großen landschaftlichen Schönheiten, als prächtigen Wäldern, rauschenden Wasserfällen, zeigen große Gebiete überraschende Fruchtbarkeit. Kokospalmen, Tabak, Baumwolle, Vanille gedeihen hier vorzüglich. Die dahinter liegenden Savannen sind öde, trockene Grassteppen, nur hin und wieder von Gebüsch unterbrochen. Das Gras wird mannshoch, steht aber nicht dicht, sondern in einzelnen Büscheln zerstreut. Die Landschaften am Kilima-Ndscharo sind fruchtbar wie ein Garten Gottes. Am wertvollsten für die Eingebornen ist hier die Banane, die ihnen ohne Arbeit einen wahren Segen durch Früchte, Blätter, Stengel, Blattsasern und Säfte in den Schoß schüttet.

Pflanzen-und Tierwelt. Auch die Tierwelt Ostafrikas ist eine sehr reiche. Sümpfe und Flüssewimmeln von Fischen und Krokodilen; am Ufer stampft das afrikanische Flußpferd seine Pfade, sinnend stehen die Reiher am Ufer, und prächtige Eisvögel und Schreiadler flattern über dem Wasser. In den Bergen schleichen Hyänen und Schakale umher, während sich auf den Bäumen allerhand Affen tummeln. Die Savannen wimmeln von den verschiedensten jagdbaren Tieren, Antilopen, Zebras und Büffeln. Da durchzieht eine Straußenherde die Ebene, dort eilen flüchtige Giraffen zum Wassertümpel, während Löwen und Panther dort schon auf ihre Beute lauern.

Viehzucht giebt es im eigentlichen Sinne des Wortes in Deutsch- Ostafrika nicht, nur Ziegen und Hammel halten die Eingebornen als Schlachtvieh.

Klima. Das Klima Ostafrikas ist ungesund. Der Europäer vermag sich zwar einige Jahre ohne Gefahr hier aufzuhalten, allein eine wirkliche Ansiedelung durch Deutsche ist außer in den Gebieten des Kilima-Ndscharo und einigen der Küstengebirge, die gesundes Klima haben, hier nicht möglich.

Überall herrscht Fieber, und obgleich die höher gelegenen Gegenden im Allgemeinen gesunder sind, so ist man doch auch hier nicht vor der gefährlichen Krankheit sicher.

Ostafrika hat drei Jahreszeiten, die Regenzeit, eine kalte und eine trockene. In der kalten sinkt das Thermometer bis auf 10 0 C; in der trockenen, die vom August bis Oktober dauert, dagegen steigt es oft bis 30 0 C, jedoch niemals darüber.

Die Bevölkerung.

Eine ganze Menge von Völkerstämmen bewohnt die weiten Gebiete unserer ostafrikanischen Kolonie. Größtenteils gehören diese Stämme zu der großen Völkerfamilie der Bantu, d. i. Menschen, wie sie sich selbst im Gegensatz zu anders gestalteten Menschen nennen. Sie wohnen zumeist in großen Stämmen zusammen, welche unter mächtigen Häuptlingen stehen. Ihre Zahl ist durch Stammesfehden und blutige Kriege, besonders aber durch die Sklavenjagden, die früher jährlich bis 20000 Eingeborne, welche man schwarzes Elfenbein nannte, fortführten, sehr gelichtet worden. Seitdem das Land unter deutschem Schutze steht, wird diesem scheußlichen Handel mit Menschenfleisch energisch entgegengetreten; jedoch im Innern jagen die Araber noch fröhlich weiter.

Die herrschende Klasse, besonders an der Küste, bildeten bisher die Araber. Es sind die Großgrundbesitzer des Landes, welche dasselbe mit Sklaven bearbeiten. Auch führen sie die Karawanen mit den Handelsgütern der Inder nach dem Innern, um dieselben dort gegen die Produkte des Landes zu vertauschen. Sie sind von jeher die berüchtigtsten Sklavenjäger und -Händler, ein wahrer Fluch Afrikas.

Die eigentlichen Kaufleute unserer ostafrikanischen Küste sind die Inder. In ihren Händen lag bisher der gesamte Groß- und Kleinhandel, und auch heute hat jedes europäische Handelsunternehmen schwer gegen indische Konkurrenz zu kämpfen.

Die eingebornen Bewohner der Küste, Suaheli, d. h. Küstenbewohner, gehören einem gesonderten Stamme nicht an; es sind Mischlinge, welche sich von den übrigen Stämmen schon dadurch unterscheiden, daß sie die muhamedanische Religion angenommen haben. Auch in ihrer Kleidung, ihren Sitten und Gebräuchen ahmen sie die Araber nach. Die Ärmeren tragen nur ein Tuch um den Körper geschlagen, oder ein Stück Baumwollenzeug um die Hüften. Bei einigen Stämmen im Innern gilt es für besonders schön, den ganzen Körper mit Ocker zu färben oder mit Fett einzureiben. Einige Stämme tättowieren sich, schlagen sich auch wohl die vorderen Schneidezähne aus oder feilen sie spitz.

Die Wohnungen sind fast bei allen Stämmen schlecht gebaute Hütten. Mehrere Hütten, welche zusammen ein Gehöft bilden, sind von einem Zaune umgeben und das ganze Dorf von einem Dorngehege oder von Gräben und Verschanzungen aus Holzstämmen.

Die wenigen arbeitenden Völker treiben Ackerbau und Viehzucht, sie verdingen sich auch als Träger für die Karawanen und treiben selbst Handel. Man bearbeitet den Boden mit einer Hacke, legt den Samen hinein und überläßt alles andere der Sonne. In einigen Gegenden ist auch das Handwerk vertreten, so sind die Dschaggas, die am Kilima- Ndscharo wohnen, als Tischler und Zimmerleute bekannt.

Von den Völkerstämmen des Innern, welche Ackerbau gar nicht betreiben, sondern nur von der Jagd, vom Raub und Viehdiebstahl leben, haben besonders die Massais, die Masiti und Wahehe eine traurige Berühmtheit erlangt, indem sie Karawanen und deutsche Expeditionen überfallen und niedergemetzelt haben.

Soweit die Eingebornen nicht Muhamedaner sind, sind sie Heiden. In großem Ansehen stehen bei allen die Zauberer. Auch in Deutsch- Ostafrika arbeiten seit langer Zeit katholische und evangelische Missionäre. Zwar haben sie auch an der Küste einige Niederlassungen, ihre Hauptarbeit entfalten sie jedoch im Innern, und das Christentum macht dort bei den heidnischen Stämmen mehr Fortschritte als bei den Muhamedanern der Küste. Die Missionäre Ostafrikas sind nicht nur treue Sendboten des Evangeliums, sondern auch fleißige Plantagenbauer. Auch stehen sie den Eingebornen in jeder Beziehung, besonders in Krankheiten, treu mit Rat und That zur Seite.

In Bagamojo wurde 1892 von der Regierung auch eine deutsche Schule eingerichtet.

Der lebhafte Handel der ostafrikanischen Küste liegt noch heute zum größten Teile in den Händen der Inder. Die indischen Großkaufleute wohnen in Sansibar, von ihnen entnehmen die kleineren in den Küstenorten ihre Waren. Mit den Waren der Inder ziehen die Araber nach dem Innern, um sie dort gegen Erzeugnisse des Landes, besonders gegen Elfenbein, zu vertauschen. Aus Mangel an Lasttieren benutzt man Eingeborne als Träger, und zwar werden die Lasten auf dem Kopfe getragen. Oft vereinigen sich bis gegen 3000 Träger zu einer Karawane. Die Hauptkarawanenstraße führt von Bagamojo nach Tabora. Nach Tanga und Pangani kommen die reichen Elfenbeinkarawanen aus dem Gebiet des Kilima-Ndscharo. Im Norden des Küstengebietes entwickelt sich, seit das Land unter deutschem Schutze steht, auch der deutsche Handel langsam, aber sicher, während er im Süden der großen Unsicherheit wegen nur geringe Fortschritte macht. Die bedeutendste Gesellschaft, welche in Deutsch-Ostafrika Handel treibt, ist die „deutsch-ostafrikanische Gesellschaft“. Sie hat in allen Küstenorten Faktoreien, in denen deutsche Beamte einen schwunghaften Tauschhandel treiben. In letzter Zeit rüsten die Deutschen auch Karawanen nach dem Innern aus.

Unter den Einfuhr-Artikeln nehmen die Baumwollenwaren bei weitem die erste Stelle ein. Außer diesen werden Perlen, Mehl, Nets, Eisendraht, Messing, Waffen und Munition eingeführt. Eingetauscht werden dafür Elfenbein, Kautschuk, Rhinozeroshörner, Flußpferdezähne und Kopal, ein dem Bernstein ähnliches Harz.

Regelmäßig, und zwar allmonatlich, fahren Dampfer von Hamburg nach Deutsch-Ostafrika, welche in Tanga, Dar es Saalam und Lindi (inlegen. Außerdem verkehren zwischen den einzelnen Ortschaften der Küste kleine Dampfer, welche monatlich zweimal jeden Ort berühren.

Im ganzen Schutzgebiet bestehen sieben Postanstalten und zwischen Bagamojo und Tanga ist eine Telegraphenleitung eingerichtet, welche nur leider allzu oft von den Giraffen zerstört wird.

Die Küstenorte unseres Schutzgebietes sind in der Richtung von Norden nach Süden folgende:

Politisches.

Erwerbung. Im März 1884 bildete sich in Deutschland die „Gesellschaft für deutsche Kolonisation“, welche sich die Aufgabe stellte, außereuropäische Länder für Deutschland zu erwerben und wirtschaftlich nutzbar zu machen. Diese Gesellschaft rüstete im Oktober desselben Jahres eine Expedition, die unter Dr. Peters stand, aus, welche an der der Insel Sansibar gegenüberliegenden Küste Ostafrikas Ländergebiete erwerben sollte. Dr. Peters und seine Begleiter schlossen nun in den folgenden Monaten eine Reihe von Verträgen mit den Häuptlingen jener Küste, in welchen dieselben ihr Land für einige Husarenjacken, Perlen und bunte Taschentücher für ewige Zeiten an die deutsche Gesellschaft verkauften. Am 27. Februar wurde der Gesellschaft ein kaiserlicher Schutzbrief erteilt, durch welchen diese Länder unter die Oberhoheit des Deutschen Reiches gestellt wurden. Deutschland hatte dadurch binnen weniger Wochen eine Kolonie von der Größe Bayerns erworben. Aus der genannten Kolonial-Gesellschaft ging im Jahre 1885 „die ostafrikanische Gesellschaft“ hervor. Dieselbe rüstete nun Expeditionen aus, die in den verschiedensten Landesteilen die deutsche Flagge hißten und schließlich das Schutzgebiet zu der oben bezeichneten Ausdehnung erweiterten.

Der Sultan von Sansibar behauptete zwar zunächst, Eigentumsrecht auf jene Länder zu haben, schließlich erkannte er aber doch die deutsche Hoheit an, und 1886 kam ein Vertrag zustande, in welchem dem Sultan längs des deutschen Schutzgebietes ein 10 km breiter Küstenstrich zugesprochen wurde, den dieser jedoch im Jahre 1888 an die ostafrikanische Gesellschaft verpachtete.

Die Gesellschaft legte nun überall Stationen mit Anpflanzungen und Handelsfaktoreien an, sie erhob für ein- und ausgeführte Waren, besonders für Waffen und Munition, Zölle und war auf dem besten Wege, den Arabern den Handel aus den Händen zu ringen. Besonders fürchteten die letzteren, daß die Lebensader ihres Reichtums, der blühende Handel mit Menschenfleisch, unterbunden würde, wenn das deutsche Unternehmen Fortschritte mache. Die Araber hetzten deshalb die zum Teil unwissenden und harmlosen, zum Teil aber nach Blut und Raub dürstenden Stämme der Eingebornen auf, und es brach ein Aufstand los, der all die schönen Anfänge der Kultur im Sturm hinwegfegte. Fast alle Stationen fielen in die Hände der Rebellen; wo früher blühende Ortschaften waren, rauchten jetzt wüste Trümmerhaufen; die Missionäre wurden gefangen, gemißhandelt und getötet und die deutschen Beamten verjagt. Unter den Empörern that sich besonders der Araber Buschiri hervor, um welchen sich schließlich alles aufständische Gesindel sammelte.

Das Reich konnte die deutschen Reichsangehörigen nicht schutzlos lassen. Im Januar 1889 bewilligte es zwei Millionen „zur Unterdrückung des Sklavenhandels und zum Schutz der deutschen Interessen in Deutsch-Ostafrika“ und beauftragte den Hauptmann Wißmann mit der Unterdrückung des Aufstandes. Dieser eilte sofort mit einer Anzahl deutscher Offiziere und Unteroffiziere nach Ostafrika, warb Sudanesen, Sulus und Neger zu einer Schutztruppe an und schlug mit Hilfe dieser und mit Unterstützung von sechs deutschen Kriegsschiffen in kurzer Zeit den Aufstand nieder. Buschiri wurde nach mehreren Niederlagen gefangen genommen und in Pangani gehängt. Freilich fiel mancher treue Soldat der afrikanischen Truppe, und mancher tapfere Offizier starb den Heldentod.*)

Im deutsch-englischen Vertrage vom 1. Juli 1890 wurden die Grenzen des deutschen Schutzgebietes endgültig festgesetzt. Der oben- bezeichnete Küstenstrich wurde der ostafrikanischen Gesellschaft gegen eine Entschädigung überlassen. An Deutschland fiel bekanntlich auch die Felseninsel Helgoland.

Am 1. Januar 18 91 übernahm das deutsche Reich selbst die Verwaltung der Kolonie.

*) Die ausführliche Geschichte des Aufstandes und seiner Niederwerfung durch Wißmann siehe: Frenzel & Wende, Deutschlands Kolonieen, Seite 151 bis 167.

Die deutschen Besitzungen in der Südsee.

5. Kaiser-Wilhelms-Land.

Das Land.

Lage und Ausdehnung. Mit dem Namen Kaiser-Wilhelms-Land bezeichnet man den deutschen nordöstlichen Teil der großen australischen Insel Neu-Guinea. Der Flächeninhalt dieses deutschen Besitzes beträgt etwa halb so viel wie der des Königreichs Preußen. Mehrfach schneidet der Ozean tief ins Land ein und bildet große Meerbusen, so an der Südgrenze den mächtigen Huon-Golf. Nördlich davon liegt der beste Hafen der ganzen Ostküste, der Finsch-Hafen. Etwa in der Mitte der Küste befindet sich die große Astrolabe-Bai mit mehreren guten Häfen, dem Konstantin-Hafen, Friedrich-Wilhelms-Hafen und Prinz-Heinrich-Hafen, und an der Nordgrenze schließlich bildet das Meer die Humboldt-Bai.

Zum Kaiser-Wilhelms-Land rechnet man außerdem die dem Festlande vorgelagerten kleinen Inseln.

Bodenform, Gebirge und Flüsse. Bis jetzt verhinderte der Mangel an Wegen und zuverlässigen Trägern eine gründliche Erforschung des Landes. Nur die Küste und die ihr zunächst liegenden Gebiete sind näher bekannt. Die ganze Insel Neu-Guinea wird in der Richtung von Nordwesten nach Südosten von einem mächtigen Gebirge durchzogen, welches Gipfel bis zu 5000 m hat. Von dieser Gebirgskette, welche den Namen Bismarck-Gebirge führt, laufen eine ganze Menge niedriger Bergzüge in das deutsche Schutzgebiet aus, zwischen denen weite Ebenen liegen. Die Bergzüge reichen bis an die Küste, wo sie terrassenförmig zum Meere abfallen. Im Finisterre-Gebirge, südlich von der Astrolabe-Bai, steigen sie sogar noch einmal bis zur Höhe von 3400 m auf. An der Küste bestehen die Berge aus Korallenkalk und weisen oft seltsame Formen auf. So erscheint das Festungs-Kap vom Meere aus dem Schiffer wie eine wirkliche Festung, an der man sogar Wälle und Kanonen zu erkennen glaubt.

Aus dem genannten gewaltigen Gebirge rauschen eine Menge mächtiger Ströme durch die Ebenen zum Ozeane. Der gewaltigste ist der Kaiserin-Augusta-Strom, ein Riesenstrom, der seinesgleichen in Europa nicht hat. Sein Lauf ist von Forschern bis tief ins Innere festgestellt worden. Außer diesem giebt es noch eine ganze Reihe rauschender, klarer Bergströme, von denen man zumeist nur die Mündung kennt.

An der Küste trifft man an vereinzelten Stellen Sümpfe und Lagunen, welche dadurch entstehen, daß die Flut Steingeröll und Sand zu mächtigen Dämmen anspült, hinter denen sich das von den Bergen herabrinnende Wasser sammelt, da durch diese Dünen der Abfluß nach dem Meere versperrt ist.

Pflanzen- und Tierwelt. Bei dem Wasserreichtum, der großen Wärme und dem fruchtbaren Boden des Landes grünt und strotzt das ganze Land geradezu von einer mannigfaltigen Pflanzenwelt. Nicht nur in den Thälern wachsen überall herrliche Kokos- und Sagopalmen, mächtige Brotfruchtbäume, wildes Zuckerrohr und eßbare Knollengewächse, sondern auch die Berge sind bis zu den höchsten Gipfeln mit Wäldern bedeckt. Ohne Mühe schüttet das Land überall den Eingebornen seinen Segen in den Schoß. Die Europäer haben Anbauversuche mit Gemüse, Tabak, Mais und Kaffee gemacht, und alles gedeiht vorzüglich. Ja, es mag überhaupt keine tropische Pflanze geben, die hier nicht gedeihen würde.

Die Tierwelt ist arm an großen Säugetieren. Raubtiere sind gar nicht vorhanden. Nur Känguruhs und einige Arten von Beutelratten giebt es, und als Haustiere ziehen die Eingebornen Schweine und Hunde. Andere europäische Haustiere kannten sie bisher nicht; doch haben die Europäer jetzt Pferde, Rinder, Ziegen und Schafe eingeführt, von denen nur die letzteren nicht gedeihen. So arm das Land an Säugetieren ist, so reich ist es an Vögeln. Von Tausenden buntgefiederter Gäste ist der Wald belebt, unter denen der prächtigste der Paradiesvogel ist. Giftige Schlangen giebt es in Kaiser-Wilhelms- Land nicht.

Klima. Da Kaiser-Wilhelms-Land vollständig in der heißen Zone liegt, hat es auch ein heißes Klima. Dasselbe wird jedoch durch die Einwirkung des Ozeans, der das Land an ausgedehnter, vielgegliederter Küste umspült, und die große Erhebung des Bodens über dem Meere sehr gemäßigt. So beträgt die mittlere Temperatur an der Küste nur etwa 26 °C, und das Thermometer steigt nie über 35 °. Der kälteste Monat ist der Juni und der heißeste der Februar. Regen fällt das ganze Jahr und allenthalben; doch unterscheidet man auch hier eine besondere Regenzeit, die vom November bis April dauert, von einer trockenen. Wie in allen Ländern der heißen Zone, so herrscht auch in Kaiser-Wilhelms-Land das Fieber, unter dem Europäer und Eingeborne zu leiden haben, und doch ist das Land außer dem Bismarck-Archipel wohl das gesundeste der Länder, welche so nahe am Äquator liegen.

Die Bewohner.

Die Bewohner von Kaiser-Wilhelms-Land sind äußerlich sehr verschieden. Oft nur zwei Meilen auseinander wohnende Eingeborne unterscheiden sich namentlich in ihrer Gesichtsbildung und Sprache derartig, daß sie einem ganz anderen Stamme anzugehören scheinen und keiner des anderen Sprache versteht. In ihrer dunklen, beinahe schwarzen Hautfarbe und ihrem gekräuselten Haar sind sie den Negern ähnlich, dagegen unterscheidet sie ihre Gesichtsbildung und Körperform, wie auch ihre Sprache und Lebensweise von diesen vollständig. Man nennt sie nach ihrem krausen Haar Papuas (Krausköpfe). Sie heißen auch Melanesier zum Unterschiede von den Polynesiern, d. H. den Bewohnern der Inseln. Ihre Kleidung besteht nur ans einem Tuche oder aus einer Schürze aus Blattfasern, um die Hüfte getragen, dagegen lieben sie es sehr, sich zu schmücken und zwar die Männer mehr als die Weiber. Den Hauptschmuck bilden Schweine- und Hundezähne, die sie besonders durch die durchbohrte Nasenscheidewand stecken. Ihre Wohnungen stehen in Dörfern zusammen, und zwar bauen sie die Häuser aus Holzstämmen, das Dach besteht aus Gras und Blättern. In ihren Häusern schlafen sie auf weichen Matten, die sie kunstvoll zu flechten verstehen. Die Junggesellen wohnen gesondert in einem großen Junggesellenhause, das zugleich als Rathaus dient. Hier kommen die Männer auch zu Spiel und Tanz zusammen.

Ihre Nahrung ist fast ausschließlich Pflanzenkost. Nur bei Festlichkeiten genießt der Papua Fleisch von Schweinen, Schildkröten, Beuteltieren und Fischen; letztere werden auch geräuchert und bieten dann dem Europäer eine beliebte Speise. Das Hauptnahrungsmittel der Eingebornen ist Jams, den sie rösten und backen, wie wir unsere Kartoffel.

Ihre Beschäftigungen sind vorzugsweise Fischerei und Jagd. Ackerbau treiben eigentlich nur die Frauen, die Natur beschenkt sie eben ausreichend mit Früchten ohne Arbeit. Sie ziehen besonders Brotfruchtbäume. Eine Familie von sechs Köpfen kann sich das ganze Jahr hindurch von einigen dieser Bäume ernähren. Eine geradezu erstaunliche Geschicklichkeit entwickeln sie in der Verfertigung der verschiedensten Haus-, Fischerei- und Jagdgeräte, und diese Fertigkeit ist um so staunenswerter, als die Eingeborenen bis jetzt nur Werkzeuge aus Steinen, Holz oder Muscheln besitzen. —

Über Religion und Sitten der Papuas sind wir noch recht dürftig unterrichtet. Der Glaube an ein Fortleben nach dem Tode besteht auch unter den Papuas. Man giebt den Verstorbenen Speise und Trank mit in das Grab zur großen Himmelsreise. Sie beten zu diesen ihren Verstorbenen; aber auch Bäumen, Steinen, Tieren schreiben sie göttliche Kräfte zu, ja die ganze Natur ist für sie von Göttern belebt. In den Dörfern sieht man zuweilen auf freien Plätzen große Bildsäulen aus Holz mit riesigem Maule und großen Augen, und vor ihnen knieen die Eingebornen scharenweise, zu diesen ihren Schutzgöttern betend. Das Familienleben der Bewohner von Kaiser-Wilhelms- Land ist keineswegs so roh, als man denken sollte, es kommt innige Eltern- und Geschwisterliebe bei ihnen vor. Beim Tode des Mannes läßt sich die Frau nicht selten erdrosseln und mit ihm begraben. Den Europäern gegenüber zeigen sich die Eingebornen bis jetzt sehr zurückhaltend, ja sogar feindselig, und zum Arbeiten in den deutschen Pflanzungen sind sie kaum zu bewegen. Menschenfresserei ist bei den Polynesiern noch recht im Schwange; ob auch die Bewohner des Innern von Kaiser-Wilhelms-Land diese Barbarei treiben, kann nicht gesagt werden, an der Küste ist bisher kein einziger Fall bekannt geworden. Der Fortschritt der Kultur ist besonders bei den Küstenbewohnern nicht zu verkennen und ist derselbe wohl besonders dem Einflusse der zwölf evangelischen und katholischen Missionäre zuzuschreiben, welche in fünf Niederlassungen an der Küste unseres Schutzgebietes wirken.

Politisches.

Auf den östlich von Neu-Guinea liegenden kleinen Inseln hatte sich in den letzten Jahrzehnten ein ungemein reger Handel entwickelt, an dem deutsche Handelshäuser vorzugsweise beteiligt waren. Da dieser Handel zuweilen auch die Nordküste Neu-Guineas berührte, und dieselbe noch von keiner Großmacht in Besitz genommen worden war, so wurde im Jahre 1884 hier an verschiedenen Stellen die deutsche Flagge gehißt. Zu gleicher Zeit wurde der südliche Teil der Insel für englischen Besitz erklärt. Zur Nutzbarmachung des Landes hatte sich unterdessen in Deutschland eine Gesellschaft, die „ Neu-Guinea-Kompanie“, gebildet, und dieser wurde am 17. Mai 1885 ein kaiserlicher Schutzbrief verliehen, der sich auf das heutige Kaiser-Wilhelms-Land, die östlich davon liegenden kleinen Inseln, welche heute Bismarck-Archipel heißen und auf die heute deutschen Salomo-Inseln bezog. Nach diesem Schutzbriese hat die „Neu-Guinea- Kompanie“ das alleinige Recht, Grund und Boden zu erwerben, und übt auch die Landeshoheit und Regierung im Namen des deutschen Kaisers aus. Zu diesem Zwecke hat die Gesellschaft einen Landeshauptmann angestellt, der in Friedrich-Wilhelmshafen wohnt und mit einer ganzen Menge von Beamten sowohl die wirtschaftlichen, als auch die politischen Geschäfte besorgt.

Wirtschaftliche Unternehmungen.*) Die Haupt-Einnahmequelle der übrigen Kolonieen, der Tauschhandel, fällt im Schutzgebiet der Neu-Guinea-Kompanie vollständig fort. Einmal haben die Eingebornen kein Bedürfnis nach europäischen Erzeugnissen, dann aber haben sie auch nichts, was sie zum Tausch bringen könnten, da sie nur das anbauen, was sie notwendig zum Leben brauchen. Nur im Bismarck- Archipel gedeihen die Kokospalmen ohne Anpflanzung in so großen Mengen, daß die Eingebornen die Nüsse nicht alle gebrauchen können, und deshalb errichteten weiße Händler hier Niederlassungen zum Einkauf von Kokosnüssen. Die Neu-Guinea-Kompanie hat daher ihr Augenmerk auf den Anbau solcher Bodenerzeugnisse gerichtet, die im Handel von Bedeutung sind. Am besten sind bisher die Versuche mit Tabak gelungen. An der Astrolabebai bestehen vier Tabakpflanzungen, in denen der beste Tabak gedeiht. Auch Baumwolle wächst hier wie ans der Gazelle-Halbinsel, wo die Gesellschaft in Herbertshöhe eine Pflanzung hat. Die Eingebornen sind jedoch zur Arbeit in den Pflanzungen nicht zu bewegen, und daher müssen die Arbeiter von den Salomo-Inseln eingeführt werden. Im ganzen Schutzgebiete wohnen etwa 150 Europäer, es sind dies Beamte der Kompanie, englische und amerikanische Händler.

Sowohl das Kaiser-Wilhelms-Land als auch der Bismarck-Archipel hat eine Post-Agentur, ersteres in Friedrich-Wilhelmshafen, letzterer in Herbertshöhe. Seit dem Frühjahr 1893 fahren regelmäßig und zwar allmonatlich deutsche Schiffe von Singapore in Hinter-Indien nach Neu-Guinea.

*) Siehe Ausführliches: Frenzel & Wende, Deutschlands Kolonieen, Seite173 ff

6. Der Bismarck-Archipel.

Das Land.

Lage und Ausdehnung. Unter dem Namen Bismarck-Archipel faßt man eine Menge größerer und kleinerer Inseln zusammen, welche im weiten Kreise im Nordosten von Kaiser-Wilhelms-Land, südlich vom Äquator liegen. Die beiden größten sind die durch den St. Georgskanal getrennten Inseln Neu-Pommern und Neu-Mecklenburg. Der nördlichste Teil der erstgenannten Insel führt den Namen Gazellen- Halbinsel, und der Insel Neu-Mecklenburg ist im Nordwesten die Insel Neu-Hannover vorgelagert. Von den zahlreichen übrigen Inselgruppen des Bismarck-Archipels ist die bedeutendste die der Admiralitäts-Inseln nördlich von Kaiser-Wilhelms-Land. Die Größe aller dieser Inseln und Inselchen schätzt man aus 40000 qkm, was ungefähr der doppelten Größe des Königreichs Württemberg gleichkommt.

Bodenform, Gebirge und Flüsse. Der größte Teil der kleinen Inselchen ist uns noch völlig unbekannt und von den größeren kennt man auch nur die Küstenländer. Man weiß, daß die größeren Inseln alle gebirgig sind; wie diese Gebirge aber verlaufen und woraus sie zusammengesetzt sind, das konnte bisher noch nicht erforscht werben. Überall sind thätige Vulkane, deren Ausbrüche die See oft hundert Meilen weit aufregen und Sturzwellen verursachen, welche zu Zeiten die Pflanzungen der Küstengebiete, ja ganze Inseln verschlingen. Den zwei höchsten Vulkanen auf Neu-Pommern gab man die Namen Vater und Sohn, während man die vulkanischen Bergkegel auf der Gazellen-Halbinsel die Mutter und die Töchter taufte. Neu-Mecklenburg wird fast in seiner ganzen Länge von einer Gebirgskette durchzogen, welche sich in einzelnen Gipfeln höher als das Riesengebirge erhebt; die kleinen Inseln des Archipels sind dagegen zumeist nur flache Korallen-Jnselchen, die sich nur einige Meter über das Meer erheben. Flüsse giebt es der geringen Ausdehnung der Inseln wegen wenige, aber Hunderte von Bächen und sickernden Quellen bewässern die von üppiger Fruchtbarkeit strotzenden Thäler. Nur der Süden und Westen Neu-Pommerns hat mehrere schiffbare Flüsse, deren Lauf von dichtem Urwalde umsäumt ist.

Klima, Pflanzen- und Tierwelt. Die Temperatur ist im Bismarck-Archipel fast das ganze Jahr hindurch gleichmäßig und noch niedriger als in Kaiser-Wilhelms-Land. Auch hier fällt das ganze Jahr hindurch gleichmäßig Regen. Orkane, von denen sonst die Länder der heißen Zone so oft verderblich heimgesucht werden, giebt es hier nicht, und auch wirkliche Stürme brausen selten über die Inselgruppen. Die Gesundheitsverhältnisse sind noch besser als in Kaiser-Wilhelms-Land. Fieber tritt selten auf und verläuft rasch und gutartig. Die Pflanzen- und Tierwelt gleicht derjenigen in Kaiser-Wilhelms-Land. Manche Inseln, deren Strand, Berge und Thäler in üppigstes Grün gekleidet, bilden eine einzige große Kokospflanzung. Auf der Gazellen-Halbinsel gedeihen Baumwolle und Tabak vorzüglich.

Die Bewohner.

Die Bewohner des Bismarck-Archipels sind Papuas, was schon das krause, wollige Haar und die dunkle Hautfarbe beweisen. Sie sind durchschnittlich mittelgroß, nur auf Neu-Mecklenburg von hohem Wüchse.
Ihre Kleidung ist die allerdürftigste. Männer und Frauen tättowieren und bemalen sich mit den verschiedensten Figuren. Die Nasenflügel und Nasenknorpel werden durchbohrt, jene mit dem Federkiel vom Kasuar, diese auf jeder Seite mit abstehenden Dornen oder Hölzern verziert. Auch auf ihren Waffen, die aus Keulen, Schleudern und harten Speeren bestehen, bringen sie allerhand Verzierungen an. — Ihre Wohnungen sind klein und nicht besonders sauber. Die Hütten bestehen aus Stangen, die oben zusammengebunden und mit Blättern bedeckt sind. Ihre Nahrung besteht hauptsächlich aus Taro. Es ist dies die äußerst nahrhafte Wurzelknolle einer Staude. Auch genießen sie Kokosnüsse, die Frucht des Brotfruchtbaumes, Melonen, Mandeln und eine Kohlart. Das Fleisch, das sie nur gekocht essen, liefern ihnen Hühner, wilde Tauben, Schildkröten und Fische.

Die Bewohner treiben in bescheidenem Umfange Ackerbau und Handel. Sie bauen Jams, Kokospalmen und Zuckerrohr. Neuerdings haben deutsche Handelshäuser besonders auf der Gazellen-Halbinsel Land erworben und Baumwollen- und Kaffee-Pflanzungen angelegt. An den Küsten hat sich ein lebhafter Handel, der auch von deutschen Händlern gepflegt wird, entwickelt. Sie haben Handelsplätze angelegt, nach welchen die Eingebornen besonders Kokosnüsse bringen. Die getrockneten Kerne dieser Nüsse, Kopra genannt, werden nach Europa ausgeführt und hier zur Seifen- und Kerzenbereitung verwandt. Alle Tage werden Märkte abgehalten, bei welchen reges Leben herrscht. Auch untereinander treiben die Eingebornen lebhaften Handel. Anstelle des Geldes gebraucht man Muscheln. Sie sind an lange Schnüre gereiht und werden nach der Länge des Armes gemessen. Auf einigen Inseln gebraucht man tiefgeschliffene Muschelplättchen von der Dicke eines silbernen Zwanzigpfennigstückes und Perlen als Geld.

Religiöse Sitten. Die religiösen Anschauungen unserer deutschen schwarzen Brüder auf den Inseln des Bismarck-Archipels sind uns noch völlig unbekannt. Dagegen wissen wir, daß die Bewohner jener Inseln noch arge Menschenfresser sind. Im Kampfe erbeutete Leichen werden heimlich verzehrt. Europäer sind ihnen, seit die Inseln unter deutscher Schutzherrschaft stehen, nicht zum Opfer gefallen, ja sie werden von den Eingebornen sogar recht freundlich ausgenommen. Die eigenen Toten werden mit großem Gepränge in der Nähe der Hütten begraben. Die Schädel älterer Personen gräbt man nach einiger Zeit wieder aus und trägt sie als Halsschmuck. Eine merkwürdige Sitte ist der Umzug der Duk-Duk-Leute. Diese Leute tragen schreckliche Masken und sind bis an die Kniee mit Laubkränzen bedeckt. Acht Tage lang ziehen sie gewöhnlich tanzend von Haus zu Hans. Verliert einer während des Tanzes die Maske, so wird er getötet; andererseits üben sie aber eine Art Fehmgericht und können Verklagte straflos töten.

Auf dem Bismarck-Archipel haben englische (protestantische) und französische (katholische) Missionäre gearbeitet. Die ersteren haben fünfzehn Kirchen und vierzig Schulen errichtet und die letzteren zwei Kirchen und zwei Schulen, so daß zu erwarten ist, daß in nicht zu langer Zeit auch christliche Sitten an die Stelle der barbarischen Gebräuche der Eingebornen treten.

Politisches. Siehe: Kaiser-Wilhelms-Land.

7. Die Salomo-Inseln.

Das Land.

Lage und Ausdehnung. Die Salomo-Inseln oder Salomonen schließen sich im Süden an den Bismarck-Archipel an. Sie bestehen aus einer doppelten Jnselreihe, welche in südöstlicher Richtung vom 5. bis 11. 0 südlicher Breite zieht. Die ganze Inselgruppe besteht aus sieben größeren und vielen kleineren Inseln. Zu Deutschland gehören nur die drei größeren nordwestlichen Inseln Bougainville, Choiseul und Isabel und die benachbarten kleineren. Alle übrigen gehören zu England. Das ganze deutsche Gebiet hat zusammen etwa denselben Flächeninhalt wie das Königreich Sachsen.

Bodenform. Die Salomo-Inseln sind alle lang, schmal und gebirgig. Auf der Insel Bougainville erreichen die Gebirge eine Höhe von 2—3000 m. Man hat sie Kaiser- und Kronprinz-Gebirge genannt. Auf einigen Inseln sind thätige Vulkane, und Erdbeben kommen ziemlich häufig vor. Fast allen Inseln, besonders aber den kleineren, sind Korallenriffe vorgelagert, welche die Annäherung der Schiffe erschweren. Größere Flüsse kommen natürlich bei der geringen Ausdehnung der Inseln nicht vor, allein zahllose Bäche rieseln von den Bergen und begünstigen einen üppigen Pflanzenwuchs; besonders reich ist die Inselgruppe an Palmen und Palmenarten. Die Tierwelt gleicht derjenigen von Kaiser-Wilhelms- Land, und auch das Klima unterscheidet sich wenig von dem dortigen.

Die Bewohner. Die Eingebornen der Salomo-Inseln gehören der melanesischen oder Papuarasse an. Es sind kleine, aber kräftige Gestalten von beinahe tiefschwarzer Gesichtsfarbe. Sie haben wolliges Haar, das sie kurz geschoren oder in kleinen Zöpfengeflechten tragen.

Kleidung. Ihre Kleidung ist die denkbar einfachste; denn sie besteht nur aus einem kurzen Blätterschurz. Wie alle ihre Stammesgenossen lieben sie es, sich zu schmücken. Sie tragen Stirn-, Arm- und Halsbänder aus Muscheln, Korallen oder Zähnen, auch schmücken sie sich mit Blättern und Blumen. Männer und Frauen tättowieren sich, doch ist davon nicht viel zu sehen, da sie den ganzen Körper rot oder schwarz bemalen.

Wohnung und Nahrung. Die Salomo-Insulaner wohnen in viereckigen Hütten, deren Wände aus Rohr geflochten sind, und deren Dach weit über die Wände hervorragt. Die einzelnen Balken des Hauses sind mit Malerei und Schnitzwerk verziert. Die Hütten der Häuptlinge und die Gemeindehäuser sind außerdem mit zahlreichen Schädeln geziert. Die Eingebornen nähren sich vorzugsweise von Pflanzenstoff, besonders von Jams, Bananen und den Früchten der Kokospalme. Doch genießen sie auch Fleisch von Fischen, Schildkröten und Schweinen. Menschenfleisch ist für sie ein Leckerbissen. Deshalb sind sie auch auf ihren Kriegszügen bestrebt, recht viele Menschenleichen zu erbeuten. Bei dem Schmause derselben singen sie religiöse Lieder. Palmwein und Tabak sind beliebte Genußmittel bei ihnen.

Erwerbsquellen. Sie sind tüchtige und fleißige Ackerbauer und dadurch unterscheiden sie sich vorteilhaft von ihren Stammesgenossen. Bei jedem Dorfe sind sorgfältig umzäunte und wohlgepflegte Felder, auf denen sie Jams, Bananen und Kokospalmen pflanzen. Sie sind auch tüchtige Seefahrer. Ihre vorzüglichen Fahrzeuge bauen sie selbst mit den einfachsten Werkzeugen. Auch in der Anfertigung von allerlei Gegenständen aus Rohr und Perlmutter zeigen sie große Geschicklichkeit.

Ihre Hauptwaffen sind Bogen und Pfeile. Die letzteren sind zuweilen mit Pflanzengift bestrichen und mit Widerhaken versehen. Außer Bogen und Pfeile gebrauchen sie Keule und Schild. Seit die Schiffe der deutschen Handels- und Plantagen-Gesellschaft auch an den Küsten der Salomo-Inseln landen, treiben die Eingebornen auch Tauschhandel. Zahlreich lassen sich die fleißigen Insulaner als Arbeiter anwerben und nach Kaiser-Wilhelms-Land und den Samoa-Inseln verschiffen.*)

Sitten. Religion. Die Salomo-Insulaner teilen sich in einzelne Stämme, denen je ein Häuptling vorsteht. Dieser Häuptling steht im höchsten Ansehen. Die Frau ist dagegen den Salomo-Insulanern ein Wesen niederer Ordnung. Sie wird gekauft und verkauft. Drei Schweine ist der gewöhnliche Preis. Den Weißen gegenüber zeigten sie sich immer feindlich. Die Ursache mögen die Mißhandlungen sein, die sich die weißen Matrosen sehr oft ihnen gegenüber zu Schulden kommen ließen.,

Über ihre Religion hat man wenig erfahren. Sie beten eine Menge Götter an, deren Götzenbilder in den Gemeindehäusern und auf öffentlichen Plätzen aufgestellt sind. Die Toten legt man so lange auf Gerüsten aus, bis nur die Knochen übrig bleiben. Diese werden mit großem Gepränge bestattet. In neuerer Zeit haben auch hier farbige Missionäre von anderen Inseln der Südsee die Ausbreitung des Christentums begonnen.

Politisches. Siehe: Kaiser-Wilhelms-Land

*) Der Handel und Plantagenbau Samoas liegt vorzugsweise in den Händen Deutscher. 1889 wurde die Inselgruppe für neutral erklärt. Näheres siehe: Frenzel & Wende, Deutschlangs Kolonieen, Seite 106-126.

8. Die Marschall-Inseln.

Land.

Lage und Ausdehnung. Die Marschall-Inseln bilden ein Glied in dem großen äußeren australischen Inselgürtel, und zwar liegen sie zwischen dem 4. und 15.° nördlicher Breite und dem 164. und 174.0 östlicher Länge. Sie bestehen aus zwei Inselketten, von denen die innere westliche Ralik und die äußere Ratak heißt. Die einzelnen Inseln sind Ring- oder Lagunen-Inseln, sogenannte Atolle, deren Größe man zusammen auf etwas mehr als 100 qkm schätzt.

Atoll. Ein Atoll besteht aus mehreren länglichen schmalen Streifen Landes, die sich fast niemals mehr als 3 m über den Meeresspiegel erheben und eine ruhige Wasserfläche, die sogenannte Lagune, einschließen, jedoch derart, daß mehrere Eingänge zu derselben bleiben. Die Atolle verdanken ihre Entstehung den Korallentierchen. Diese mikroskopisch kleinen Tierchen, welche zu Tausenden in pflanzenähnlichen Gebilden, Stöcken u. s. w. leben, bauen ihre Kalk-Gehäuse auf dem Meeresboden auf, wo derselbe nicht zu tief unter dem Meeresspiegel liegt. Am raschesten und kräftigsten entwickeln sie sich da, wo Wind und Strömungen ihnen immer neue Nahrung im Salzwasser zuführen; hier wachsen sie bis dicht unter den Spiegel der gewöhnlichen Flut und bilden in ihrer Gesamtheit einen festen kalkigen Wall, den man Riff nennt. Zweierlei kann das Erheben des Riffes über den Meeresspiegel verursachen. Entweder erfolgt es durch unterirdische vulkanische Erdstöße, oder aber die heftige Brandung reißt große Blöcke aus dem Riff heraus und wirft sie über die Oberfläche. Die Wogen zerkleinern dann diese Blöcke, die Wellen spülen Pflanzenreste heran, es bildet sich nach und nach eine kleine Erdschicht, durch Luft und Wasser herbeigeführte Samenkörner gehen auf, Seevögel lassen sich nieder — es ist eine Insel mit Pflanzen- und Tierleben entstanden.

Pflanzen-, Tierwelt, Klima. Aus der Entstehung und Bodenbeschaffenheit ist es zu erklären, daß die Pflanzenwelt eine dürftige ist. Auf einigen Inseln gedeihen Kokospalmen und Brotfruchtbäume, sonst wächst nur niederes Buschwerk und grobes Schilfgras. Urwald giebt es sehr wenig. Noch dürftiger ist die Tierwelt. Ursprünglich kamen nur Tauben, Strandläufer, Eidechsen und Schmetterlinge vor, jetzt hat man auch Schweine, Hühner, Enten, Hunde und Katzen eingeführt. Der Reichtum an Fischen ist überall sehr groß. Das Klima ist milde, da sich überall der Einfluß der Seewinde geltend macht.

Die Bewohner.

Die Bewohner der vielen kleinen Inseln Australiens bezeichnet man mit dem gemeinsamen Namen Mikronesier. Die Zahl der auf den Marschallinseln wohnenden schätzt man auf 10.000. Sie sind ein kleiner, schmächtiger und schwächlicher Menschenschlag von gelber oder schwarzbrauner Farbe.

Kleidung. Schmuck. Auf den Inseln, auf welchen nicht durch Missionäre europäische Tracht eingeführt ist, kleidet man sich in zierliche selbstgeflochtene Matten. Der Mann schreitet auch wohl in langem, aus Pflanzenbast gefertigtem Rocke einher, das lange Haar zu einem Knoten auf dem Wirbel geschlungen. Beide Geschlechter tättowieren und schmücken sich mit Blumen und Blättern.

Wohnung und Nahrung. Ihre Wohnungen bestehen aus Dächern von Kokosblättern, die auf 1 1/2 m hohen Pfählen ruhen. Als Ruhelager dient eine Matte, als Kopfkissen ein Stück Holz. Sie nähren sich von den Früchten der Kokospalme und des Brotfruchtbaums, von Reis, Fischen und dem Fleisch der Schildkröten, Hühner und Tauben.

Erwerbsquellen. Handel. Die Haupterwerbsquelle bildet für die Eingebornen der Handel mit Kopra. Sie Pflanzen alljährlich eine Menge von Kokosbäumen, leider sind sie aber zu träge, die jungen Anpflanzungen zu pflegen und rein zu halten. Im Jahre 1892 wurden etwa 50.000 Centner Kopra von deutschen, amerikanischen und englischen Kaufleuten erhandelt und zwar entweder für europäische Waren eingetauscht oder für Gold gekauft. Doch übertrifft der deutsche Handel, der in den Händen einer Hamburger Handelsgesellschaft liegt, den amerikanischen um das Achtfache und den englischen um das Doppelte. Europäische Gemüse gedeihen überall, doch muß der Boden zum Anbau derselben von anders her eingeführt werden. Durch den Tauschhandel haben die Eingebornen allerlei ihnen bis dahin unbekannte Geräte erhalten; aber auch schon vorher besaßen sie eine große Geschicklichkeit im Bau von Booten, im Flechten von Netzen, Matten und Körben.

Sitten. Religion. Mission. Die Eingebornen teilen sich in 4 Klassen: besitzlose Leute, große und kleine Grundbesitzer und Häuptlinge. Aus der Zahl der letzteren wird der König gewählt. Die Eingebornen sind ein fröhliches, gutartiges Völkchen, stets aufgelegt zu Spiel und Tanz. Früher waren sie kühne Seefahrer. Leider sind heute Diebstahl, Trunksucht und andere verderbenbringende Laster im Zunehmen begriffen, und die bedeutende Abnahme der Bevölkerung berechtigt zu der Annahme, daß dies Volk dem Untergange entgegengeht.

Die Eingebornen verehren einen höchsten Gott, Avis, der sich zuweilen in die Kronen ihm geweihter heiliger Bäume niederläßt, und eine Menge anderer Götter. Vor jedem Kriegs-, ja vor jedem Fischzuge werden Avis Opfer gebracht. Seit mehreren Jahrzehnten haben amerikanische Missionäre das Christentum auf den Marschall-Inseln verbreitet. Sie haben Eingeborne zu Missionären und Lehrern herangebildet, welche heute ausschließlich das Missionswerk fortsetzen.

Politisches.

Die Inselgruppe hat ihren Namen von dem Engländer Marschall, der sie 1788 entdeckte. Seit 1878 befindet sich auf der Insel Jaluit eine deutsche Kohlenstation, und, seit 1885 sind die Marschall-Inseln deutsches Besitztum. Gegenwärtig wohnen 94 Weiße, darunter 30 Deutsche auf der Inselgruppe. Die Hauptniederlassung derselben befindet sich auf dem größten der Inselchen, welche die Lagune von Jaluit einschließen. Hier wohnt seit 1888 auch ein kaiserlicher Kommissar, welcher die Verwaltung führt, mit anderen Regierungsbeamten. Derselbe bereist jährlich mehrere Inseln, um Streitigkeiten der Eingebornen zu schlichten. Vor der deutschen Besitzergreifung wurden dieselben von den Häuptlingen nach Gutdünken erledigt und Vergehen willkürlich bestraft. Jetzt bringen die Eingebornen jeden Streit vor den kaiserlichen Kommissar. In Jaluit ist auch eine kaiserliche Post-Agentur. Ein Brief von Europa nach Jaluit braucht auf dem kürzesten Wege über San Francisco 50 Tage.


Urteile der Presse über die erste und zweite Auflage.

Deutsche Schulpraxis 1891, Nr. 18. Ein ausgezeichnetes Buch, welches jedermann empfohlen wird, der sich für unsere Kolonieen interessiert und sich orientieren will. Vorzüglich muss es jeder Lehrer lesen, der seinen Schülern im geographischen Unterrichte ein kurzes, knappes Bild darüber entwerfen will. Für sorgfältige Arbeit und guten Stil sorgte der Verfasser, wie der Verleger für gute Ausstattung.

Katholische Schulzeitung für Norddeutschland 1891, Nr. 11. Es freut uns, in dem vorliegenden Buche den Schulmännern ein Werk empfehlen zu können, das den Leherr mit den Kolonieen unseres Vaterlandes nach allen Richtungen hin in übersichtlicher und anschaulicher Weise bekannt macht. Die zahlreichen hübschen Abbildungen, sowie die beigegebenen Karten gereichen dem Buche zur Zierde und fördern das Verständnis wesentlich. Es sei als Lesebuch bestens empfohlen.

Schulfreund 1890, Heft 1. Wer sich auf kurzem Wege über die jungen Kolonieen Belehrung verschaffen will, dem wird das Buch erwünscht sein.

Schweizer Lehrerztg. 1890, Nr. 27. Das Buch giebt in sehr anschaulicher und, wie es scheint, objektiver Weise Auskunft über die Länder und ihre Bewohner und schöpft dabei offenbar aus guter Quelle. Das Nachschlagen wird durch die übersichtliche Anordnung nach bestimmten Titeln sehr erleichtert, und auch die kartographische Beilage leistet gute Dienste. Die zum größten Teil saubern und instruktiven Abbildungen bilden ebenfalls eine wertvolle Beigabe.

Magazin für Pädagogik, Litteraturblatt 1890, Nr. 8. Wir erblicken in dieser Schrift ein recht brauchbares Mittel, sich mit Land und Leuten der deutschen Kolonieen bekannt zu machen, uns einen Einblick zu gewähren in die Entwickelung unserer kolonialen Bestrebungen und Erfolge. Das Buch ist sehr empfehlenswert für jeden Gebildeten.

Gymnasium 1890, Nt. 22. Die vorliegende Schrift bietet eine schulgerechte Darstellung der Landeskunde unserer außereuropäischen Besitzungen. Eine kurze Einleitung betrifft die Geschichte der deutschen Kolonialbestrebungen und den mutmaßlichen Wert unserer gegenwärtigen Koloniallande. Darauf werden die einzelnen Gebiete nach den Gesichtspunkten „Land“, „Bewohner“, „Politisches“ betrachtet, und jeder dieser Abschnitte ist wiederum nach der bekannten Topik eines geographischen Schulvortrages gegliedert. Der Druck und die zahlreichen Abbildungen sind mit anerkennenswerter Sorgfalt ausgeführt.

Schulblatt für die Provinz Brandenburg 1890. Das Buch giebt ein übersichtliches, ausführliches Bild der gegenwärtigen Kenntnis unserer Schutzgebiete in Afrika und Australien in einfacher, volkstümlicher Darstellung, welche durch die zahlreichen Abbildungen und die angehängten Karten anschaulich unterstützt wird. Die Schrift hat als brauchbares Hilfsmittel, sich mit Land und Leuten der deutschen Kolonieen bekannt zu machen, bereits Anerkennung gefunden; denn 14 Tage nach dem Erscheinen der 1. Auflage ist schon eine zweite notwendig geworden.

Deutsche Schulzeitung 1889, Nr. 38. Das Buch ist in hohem Grade geeignet, uns mit Land und Leuten der deutschen Kolonien bekannt zu machen und großes Interesse an unseren außereuropäischen Kolonieen zu erwecken.

Kath. Zeitschrift für Erziehung und Unterricht 1889, Heft 12. Seitdem Deutschland in Afrika und auf den Inseln der Südsee Kolonieen erworben hat, steht bei uns die Kolonialfrage auf der Tagesordnung, und es erscheint fast keine Zeitungsnummer, die nicht das eine oder das andere aus jenen Besitzungen brächte. Aus diesen Umständen ergiebt sich für den Lehrer die Notwendigkeit, die Kolonieen in der Schule zu behandeln und für jeden anderen denkenden Menschen der Wunsch, sich im Zusammenhänge über jene Gebiete zu unterrichten. Diesem doppelten Bedürfnisse kommt das obengenannte Buch entgegen. Das Urteil über obiges Werk, das 128 Seiten umfaßt, muß die Frage beantworten: Wie entspricht das Buch dem angegebenen Doppel-Bedürfnisse? Die Antwort lautet: Es wird ihm vollständig gerecht. Der Lehrer findet, was er notwendig hat, um den geographischen Unterricht der Kolonieen in passender Weise erteilen zu können, und jeder andere Mensch, der das Bedürfnis hat, sich in dieser Frage zu orientieren, findet Aufklärung.

Lehrerzeitung für Thüringen 1889, Nr. 40. Ein sehr übersichtlich angelegtes, frisch und anschaulich geschriebenes, anregendes Buch, welches sich ebenso für Schülerbibliotheken wie für Vorbereitungen zum erdkundlichen Unterricht eignet.

Schlesische Schulzeitung 1889, Nr. 35. Enthält eine nach den neuesten Quellen bearbeitete kurze Beschreibung von Land und Leuten unserer außereuropäischen Besitzungen, mit 44 Abbildungen und verschiedenen Karten. — Der Stoff ist recht übersichtlich geordnet, die Darstellungsweise einfach und klar.

Blätter für die Volksschule. Wer ein anschauliches Bild von den deutschen auswärtigen Besitzungen gewinnen will, schaffe sich das Buch an!

Volksschule 1889. Hier wird das Wissensmaterial geboten, das sich jeder Zeitungsleser zur Orientierung und jeder Geographielehrer als Ergänzung der Vaterlandskunde zur Hand wünscht. Es ist darum nicht zu verwundern, daß die erste Auflage schon in 14 Tagen vergriffen war; dies ist aber zugleich ein Beweis für die Brauchbarkeit des Buches, wie dafür, daß es einem wirklichen Bedürfnis entgegenkommt.

Hannov. Schulzeitung 1889, Nr. 49. Wir erhalten in diesem Buche Belehrung über Lage, Ausdehnung, Bodenform, Bewässerung, Klima, Pflanzen- und Tierwelt unserer außereuropäischen Besitzungen; über Wohnung, Kleidung, Schmuck, Nahrung, Erwerbsquellen, Sitten und Religion der Bewohner derselben; über Erwerbung und Verwaltung des Landes, über Mission, Handel, Plantagen u. s. w. In einfacher, volkstümlicher Darstellung giebt der Verfasser ein übersichtliches, ausführliches Bild unserer Schutzgebiete. 44 Abbildungen und eine Karte in recht guter Ausführung erhöhen den Wert des Buches wesentlich.

Zeitschrift für Gymnasialwesen 1889, Nr. 7 und 8. Im Allgemeinen darf man diese Darstellung als die immer noch beste Gesamtdarstellung unserer Kolonieen empfehlen, weil sie klar und meist zuverlässig ist.

Evangelisches Schulblatt 1891, Heft 2. Gütersloh. Wem es darum zu thun ist, sich mit Land und Leuten unserer Kolonieen und mit den bisherigen Erfolgen deutschen Fleißes, deutscher Kraft und deutscher Ausdauer daselbst bekannt zu machen, dem sei dies Büchlein empfohlen.

Gaea 1889, Heft 9. Eine vortreffliche, sorgsam ausgearbeitete, aus die besten Quellen gestützte Schilderung der allgemeinen geographischen Verhältnisse der deutschen Kolonieen.

Der Globus Nr. 5, 585. LVI. Eine populäre Beschreibung der einzelnen deutschen Schutzgebiete, die ihren Zweck, ein größeres Publikum über alle schwebenden Kolonialfragen zu orientieren, nicht verfehlen wird. Die Darstellung ist einfach und praktisch, zugleich aber erfüllt von Begeisterung für die gute Sache.

Blätter für litterarische Unterhaltung 1889, Nr. 18. Dieses Büchlein hält, was es im Titel verspricht.

Mitteilungen der Nachtigall-Gesellschaft für vaterländische Afrikaforschung 1889, Nr. 18. Das Buch ist zunächst für die Jugend bestimmt, kann aber auch Erwachsenen durch seine kurzen Angaben und die übersichtliche Anordnung als ein bequemes Nachschlagebuch zur Orientierung über alle Verhältnisse in unseren Kolonieen dienen. Das Erscheinen des Buches hat uns lebhafte Freude bereitet.

Kolonial-Jahrbuch, ohne sonstige nähere Angaben. Ein für die Jugend empfehlenswertes Werkchen, welches das ethnologische und geographische Material ganz geschickt verarbeitet hat und dabei recht billig ist.

Deutsche Kolonialzeitung 1889, Nr. 27. Das von Wende bearbeitete Buch des verstorbenen Frenzel bildet einen recht empfehlenswerten Beitrag zur Litteratur unserer Kolonieen. Gestützt auf die besten Quellen, die der Verfasser mit kritischer Umsicht benutzt hat, entwirft er von unseren außereuropäischen Besitzungen in Afrika und in der Südsee ein farbensattes, durch viele treffliche Abbildungen illustriertes Bild.

Bossische Zeitung 1891, Nr. 93. Das volkstümliche Werkchen dürfte sich auch trotz der veränderten Verhältnisse in Ostafrika in der Gunst der Leser behaupten. Die einzelnen Abschnitte sind klar und übersichtlich und nach bestimmten Stichworten leicht zu finden. Durch weise Beschränkung auf das Thatsächliche ist aller Polemik und jeglicher Schönfärberei der Boden entzogen worden. Ebenso bieten Text und Abbildungen nichts, was einer Verbreitung des Buches in Schul- und Volksbibliotheken Eintrag thun könnte.

Breslauer Zeitung 1889, Nr. 309. Wem daran gelegen ist, ein übersichtliches Bild über Lage, Bevölkerung, Klima, Erwerbsquellen, Sitten, Gebräuche, Art der Erwerbung und Verwaltung der deutschen Besitzungen in Afrika und in der Südsee zu gewinnen, dem können wir vorliegendes, durch einfache und volkstümliche Darstellung sich auszeichnende Buch des leider zu früh verstorbenen Verfassers sehr empfehlen. Die zahlreichen Abbildungen erhöhen den Wert des Buches nicht unwesentlich, dessen Lektüre aufs beste auch durch die beigegebene Karte unterstützt wird.

Hamburger Nachrichten 1889, Nr. 107. Die erste Auflage dieses Buches erschien im Februar d. J. und dürften die warm empfehlenden Worte, die wir an diese Ausgabe geknüpft, noch in Erinnerung unserer Leser sein. Wir sprachen damals aus, daß dieses Buch durch seine Übersichtlichkeit, mit der es ein Gesamtbild des deutschen Kolonialbesitzes biete, jedem, die Kolonialbestrebungen mit Interesse verfolgenden Leser von Wert sein müsse. Dieser Anempfehlung haben wir heute nichts hinzuzufügen.

Norddeutsche Allgemeine Zeitung 1889, Nr. 343. Die vorliegende Schrift ist zur rechten Zeit erschienen und wir rechnen es den Verfassern zum besonderen Verdienst an, daß es ihnen gelungen ist, auf dem verhältnismäßig engen Raum von nur acht Druckbogen den gewaltigen Stoff in Schrift und Bild in so allgemein faßlicher, unterhaltender und belehrender Form zu bewältigen.


Druck von August Grimpe in Hannover.